Worum geht's hier?

Ursprünglich ist die Erklärbär-Ecke entstanden aus Texten rund um meinen Job (Internet und -Telefonie), die ich z.B. für Azubis oder auch mal Kunden geschrieben habe. Inzwischen gehört auch das E-Auto zu meinem Nerd-Interessensgebiet, und das ein oder andere an Definitionen und Informationen sammle ich hier.

Heute: Öffentliches Laden

Öffentliche Ladesäulen haben fast gar nichts mit Tankstellen gemeinsam. Insbesondere für Einsteiger und E-Auto-Interessierte ist es daher gut zu wissen, wie das eigentlich funktioniert.

Wie finde ich eine öffentliche Ladesäule?

Spontan auf der Autobahn

Gerade an Autobahnen ist es analog genauso möglich wie beim Tanken auch: Du fährst, und wenn Du irgendwann Laden möchtest, achtest Du auf entsprechende Hinweisschilder. Achte mal auf die Verkehrsschilder der Rastplätze, auf fast jedem findet sich inzwischen auch das Symbol "sieht aus wie eine Zapfsäule, hat aber einen Strom-Stecker". Und wenn mal nicht, dann kommt oft danach ein Rastplatz ohne Tankstelle, aber nur mit E-Säule.

Hat aber drei Haken: Nicht an allen Rastplätzen finden sich gleich gute Ladesäulen (evtl. auch nur ein einzelner noch dazu langsamer alter TrippleCharger), nicht an allen Rastplätzen findet sich Gastronomie, an der man Pause machen möchte. Und die Reichweite der Akku-Reserve (50-70km) passt zum Abstand der Rastplätze (50-80km), d.h. wenn dann nicht noch Autohöfe o.ä. dazwischen kommen, darf man nicht zu wählerisch sein. 

Ganz trivial: Navi/Ladeapp

Neben Verkehrsschildern gibt's aber ja auch elektronische Hinweise. E-Autos haben in der Regel Ladesäulen in ihrem Navi eingebaut, teilweise auch mit Verfügbarkeits-/Belegt-Status. Du brauchst also nur das Navi fragen - Qualität und Aktualität hängen natürlich vom Lieferanten des Kartenmaterials ab

Und Du "brauchst" am besten sowieso eine Ladekarte. In der Regel der Anbieter Deiner Ladekarte auch eine App, in der die von ihm unterstützten Ladesäulen (also die, die Du auch nutzen kannst) aufgelistet sind. 

Ein paar hilfreiche Links für besseres Finden

  • Ein gutes Verzeichnis für deutschsprachige Länder ist das von GoingElectric und z.B. die darauf aufbauende App EVmap. Der große Vorteil und zugleich auch Nachteil von diesem Verzeichnis ist, dass auch Hotel- und Supermarkt-Lader aufgelistet sind, die manchmal praktisch zu kennen sind, manchmal aber eben auch kaum nutzbar (wenig Ladepunkte, Beschränkung der Öffnungszeit, ...)
  • Deutschland und die Nachbarländer (insbesondere BeNeLux, wo das o.g. Verzeichnis leider unbrauchbar ist) habe ich in meinem Säulen-Sucher kartographiert. Datenquelle sind aber verschiedene Ladekarten-Anbieter, d.h. ich habe keine kostenlosen Supermarkt-Lader im Portfolio oder auch kaum Hotel-Lader
  • Die WebApp "schnellladepark.app" basiert auf GoingElectric-Daten und zeigt zusammengefasst gezielt größere Ladeparks entlang der Autobahnen
  • Die App "ChargingTime" - leider nur für iOS, darum noch ungetestet - zeigt neben den Ladesäulen auch direkt die vorhandene Gastronomie
  • Für die vorherige Ladeplanung (also direkt Routenplanung mit Ladestopps kombinieren) kann man A better route planner (ABRP, auch als App) nutzen, oder auch im Web direkt den Routenplaner von GoingElectric. Meine Erfahrung mit beiden ist aber, dass die trotz hinterlegter PKW-Daten viel zu konservativ und frustrierend rechnen, "nach Gefühl" lädt es sich besser.

    Und die gratis-Lader bei Aldi, Lidl und Co?

    Gerne werden Gratis-Ladesäulen z.B. beim Discounter um die Ecke als Beispiel aufgeführt, wie günstig Elektro-Mobilität doch sei. In der Praxis haben wir gerade mal eine Handvoll Ladevorgänge so hinbekommen, bei 9 von 10 Versuchen war die Ladesäule blockiert. Was grundsätzlich kein Problem ist, wenn es Supermarkt-Gäste wären, aber an "unserem" Aldi parkt z.B. regelmäßig ein PlugIn-Hybrider ganztägig (immerhin blockiert er weder Stellplatz noch Säule, sondern bezieht seinen Strom - vielleicht auch erlaubterweise, wenn es ein Mitarbeiter ist - an den E-Bike-Ladesteckdosen). Und auch die normalen Ladesäulen sind gerne mal blockiert, teils von Leuten, die da wirklich einfach nur laden (und ein Buch lesen), aber teils eben auch von Kunden.

    Von daher sind Aldi und Lidl hier in der Gegend keine verlässliche Lademöglichkeit. Der IKEA am anderen Ende Kölns wäre eine mit mehreren Säulen, aber dessen Säulen sind defekt (oder das ist nur ne Ausrede und sie haben den Strom anderweitig für das Corona-Testzentrum geplant). 

    Jedenfalls: Die Anbieter gehen nach und nach dazu über, Ladesäulen kostenpflichtig zu machen. (Im Falle Lidl mit brauchbaren, bei Aldi sogar mit sehr guten ad-hoc-Preisen). Und das ist auch gut so, denn sind die Schnorrer einmal weg, dann erhöht sich die Chance für echte Kunden. Denn der Komfort von Elektromobilität ist nicht darin, dass man die paar kWh gratis bekommen hat. Sondern darin, dass man dank "steht er, dann lädt er"-Philosophie einfach immer ein bisschen Strom nachlädt und darum im Alltag nie bewusst "tanken" muss.

    Wie läuft so ein Ladevorgang ab?

    • Du parkst an der Ladesäule
    • Du autorisierst die Zahlung. Entweder, in dem Du eine RFID-Ladekarte an die Säule hältst, oder in dem Du die Säule in der App Deines Ladekarten-Anbieters auswählst (oder den QR-Code scannst) und dann den Ladewunsch bestätigst. Seltener gibt es auch z.B. ein Kartenzahlungs-Gerät
    • Du schließt das Kabel an. Bei innerstädtischen Ladesäulen musst Du meistens Dein eigenes Typ2-Kabel mitbringen. "Destination-Charger" (also Ladesäule am Reiseziel, z.B. im Hotel) haben ganz oft ein angeschlagenes (=fest verbundenes) Ladekabel. Und Schnelllader haben sowieso nur fest mit der Ladesäule verbundene Kabel
    • Bei öffentlichen Säulen solltest Du jetzt überlegen, wie lange Du laden willst. Die genauen Preise bestimmt Dein Ladekarten-Anbieter (d.h. sie sind recht einfach zu merken, weil sie im Idealfall europaweit gleich sind), aber bei vielen Tarifen gibt es eine Blockiergebühr, d.h. wenn Du stundenlang an einer Säule parkst, kostet das pro Minute Geld
    • Das Kabel wird dann verriegelt. Um es später wieder ausstecken zu können, musst Du den Ladevorgang beenden. Bei Schnellladern geht das oft nur so, wie Du ihn gestartet hast (RFID-Karte oder App). Bei Langsam-Ladern genügt es meist, das Ladekabel am Auto auszustecken - wie das geht, kommt auf's Fahrzeug an. Beim Skoda Enyaq z.B. genügt es, wenn Du an der Tür hinten rechts (also die Tür direkt neben dem Ladeanschluss-"Tankdeckel") das Auto aufschließt, dann ist danach für eine halbe Minute das Kabel entriegelt

    Die Abrechnung bei Ladekarten oder -app erfolgt dann durch Deinen Anbieter am Monatsende gesammelt. Bei ad-hoc-Zahlungsvorgängen mit z.B. Kreditkarte erfolgt die Abrechnung direkt, eine Rechnung (falls nötig) kannst Du meist auf einer Webseite unter Angabe des Zahlungsmittels runterladen.

    Wie lange dauert so ein Ladevorgang?

    • Ein typischer Akku für ein "fernreisetaugliches" E-Auto liegt bei 60-80 kWh Kapazität. Bei einer 11KW-Ladesäule (typischer Innenstadt-Lader) wären das also rund 8 Stunden Ladezeit; an einer normalen Steckdose (2-3 KW) schon mal anderthalb Tage
    • Aber: Das Konzept ist ja nicht, das Auto ganz leer zu fahren und ganz aufzuladen. Sondern es gilt "steht er, lädt er" (d.h. wenn es bei Parkvorgängen eine Lademöglichkeit gibt, die einfach nutzen und so immer mal wieder ein bisschen nachladen).
    • Und auf Fernfahrten gilt: Am Schnelllader nur bis 80% (warum - siehe hier) oder "so viel, wie Du noch Reichweite bis zum Ziel brauchst" (das ist ja oftmals viel weniger) nachladen

    Ist man dann mit dem E-Auto auf der Langstrecke ewig unterwegs?

    Ja. Nein. Vielleicht.

    Erstmal liegt die empfohlene Reisegeschwindigkeit bei 120-130 km/h, alles darüber hinaus ist vom Verbrauch nicht lohnenswert. (Beim Verbrenner steigt der Verbrauch dann auch exorbitant an, aber dessen Reichweite ist viel höher, da fällt das nicht so ins Gewicht). Und damit ist das Autofahren einfach anders - insbesondere, weil E-Autos ja meistens auch sonst eher moderner sind, können die meisten ganz gut die Geschwindigkeit selbst regeln (Tempomat mit Abstandshalter, Verkehrszeichenerkennung, Kartenmaterial, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen kommen und Navi-Planung, wann man z.B. eine Ausfahrt nehmen muss und darum besser langsam abbremst). Ich empfinde diese Fahrerei als sehr langweilig, mein Tipp für Alleinfahrten, weil ich Hörbücher und Podcasts nicht mag, sind: Spielfilme in der "Hörfassung" (Audiodeskription, eigentlich für Sehbehinderte gedacht), deren gibt es bei ARD und ZDF in der Mediathek ganz viele.

    Aber - und das sage ich als jemand, der früher mit Verbrenner-Mietwagen gerne lieber doppelt so schnell gefahren ist: Der Zeitunterschied ist minimal. Es ist ein Irrglaube, dass man durch Vollgasfahrten viel schneller sei. Natürlich gibt es immer irgend eine Beispielstrecke, bei der zu einer bestimmten nächtlichen Uhrzeit wirklich ein merklicher Zeitvorteil rausgeholt werden kann. Aber im allgemeinen reden wir von ein paar Minuten, die man später am Ziel ankommt.

    Und dann sind da die Ladestopps. Je nach Auto dauert es um die 30-40 Minuten, bis der Akku auf die magischen 80% geladen ist. Wenn man denn überhaupt 80% braucht, denn je nach dem braucht man ja nur noch vielleicht 150-200km zum Ziel. Und anders als beim Tanken muss man nicht daneben stehen und danach ins Kassenhäuschen gehen, sondern das Auto parkt in der Zeit einfach und man kann Pause machen. Bei unseren Familienreisen ist es eigentlich immer so, dass eine Pause (mit Mittag-/Abendessen verbunden) länger dauerte, als es zum Laden nötig gewesen wäre. Wenn ich alleine (dienstlich) unterwegs bin, sind die Pausen kürzer, dafür habe ich oft auch ein schneller ladendes Auto als Mietwagen - WC, irgendwas Essen oder auch nur einen Kaffee trinken, ggf. noch kurz Mails checken oder auch einfach den Hör-Film für die nächste Etappe raussuchen. Plant man die Reise so, dass man wirklich unterwegs eine Essenspause macht, dann ist der Zeitnachteil nahezu vom Tisch.

    Also ist es völlig entspannt, mit dem E-Auto Fernfahrten zu machen?

    Soweit würde ich dann doch nicht gehen :-)

    Geht die Reservelampe an, hast Du je nach Fahrzeug 50-70km Rest-Reichweite. Vorher zu laden macht keinen Sinn, einerseits verschenkst Du Reichweite und andererseits ist die Ladeleistung schwächer (und damit die Dauer des Ladestopps länger), wenn der Akku noch zu voll ist. Also fährst Du, bis die gelbe Lampe angeht und suchst Dir dann eine Ladesäule. Meistens ist die Frequenz auf unseren Autobahnen so hoch, dass Du innerhalb dieser Distanz einen Schnelllader findet. Es kann aber auch mal sein, dass der gestört ist (anders als bei Tankstellen hat wohl jeder E-Auto-Fahrer schon mal eine Ladesäule erlebt, die einfach nicht wollte). Oder der Rastplatz eine Baustelle. Oder das Ding belegt (und wenn die Leute im Schnitt 30-45 Minuten laden, ist bei kleineren Ladeparks meistens "Weiterfahren" sinnvoller). Ich bin noch nirgendwo liegengeblieben, aber es gab schon ein paar Situationen, wo man dann froh war, irgendwann dann doch noch einen Lader gefunden zu haben.

    Und das notwendige "Pause machen" macht natürlich auch nur Spaß, wenn man da auch irgendwo was essen gehen kann. Das Spektrum reicht von Autohöfen mit brauchbarer Gastronomie oder von Schnellladeparks neben einer guten Pizzeria, über die Fastfood-Klassiker bis hin leider auch zu Rasthöfen, wo man am liebsten rückwärts rausgeht. Darum auch weiter oben der Hinweis auf die ChargingTime-App.

    Man kann das durchaus mit etwas Erfahrung vorher planen (d.h. gezielt den Wunsch-Rastplatz vorher raussuchen). Aber man hat natürlich immer das Risiko, dass man sich bzgl. Verbrauch/Reichweite verkalkuliert hat, wegen Stau die Route ändert oder der Wunsch-Ladepark belegt ist. Und dann wird man irgendwo Strom finden, aber mit etwas Pech die Pause nicht genießen.

    Praktikabel ist es aber auf jeden Fall, und mit etwas Erfahrung und Routine macht man sich auch keinen Kopf mehr zur vorherigen Planung, sondern fährt auch mal spontan los.

    Was ist denn eigentlich diese Ladekarte?

    In der Elektromobilität hat sich folgendes Schema durchgesetzt (das ich hier nochmal genauer beschrieben habe):

    Du hast als Kunde eine Ladekarte von einem Anbieter. Und mit der kannst Du europaweit jede Ladesäule aktivieren. Mit dem Ladesäulen-Betreiber (sog. CPO) hast Du dann gar nichts weiter zu tun, die Abrechnung läuft über Deinen Ladekarten-Anbieter (sog. EMP). Dass sich Ladekarten und Ladesäulen von unterschiedlichen Anbietern verstehen, nennt man Roaming (und Roaming ist übrigens zumindest in den Förderbedingungen auch vorgeschrieben, d.h. wird sich noch weiter durchsetzen als es ohnehin schon der Fall ist). "Ladekarte" ist in dem Fall ein Synonym, einige Anbieter stellen RFID-Karten aus, andere RFID-Chips für den Schlüsselanhänger. Die meisten setzen auf Apps (dann aktiviert man den Ladevorgang per App und braucht gar kein physikalisches Zahlungsmittel). Und Plug&Charge, sozusagen eine virtuelle Ladekarte, wird auch bald kommen.

    Eine direkte Zahlung an der Säule ("ad-hoc-Ladung") können viele Säulen, die meisten aber nur über einen Umweg (QR-Code scannen und in einem Webportal Kreditkartenangaben machen), weil Kreditkartenzahlung von der Hardware und den Transaktionskosten teurer wäre. Der Weg über Ladekarten ist also komfortabler und zuverlässiger. Und meistens auch günstiger, denn die ad-hoc-Preise sind bei vielen Anbietern auch unnötig teuer, während Du bei der Ladekarte üblicherweise festgelegte Preise hast.

    Welches die richtige Ladekarte ist, kommt auf Dein Fahrprofil an: Insbesondere bei Schnellladern gibt es große Preisunterschiede, z.B. je nach Grundgebühr. Wenn Du keine Ahnung hast, hier ein paar allgemeingültige Empfehlungen, mit denen man m.E. nichts falsch macht:

    • Bei vielen Neuwagen gibt's vom Hersteller eine Ladekarte im ersten Jahr ohne Grundgebühr dazu. Beispielsweise unser Skoda PowerPass im "Charge Faster"-Tarif ist, solange er keine Grundgebühr kostet, wirklich interessant und unsere erste Wahl
    • Eine m.E. ordentliche Ladekarte mit brauchbaren Tarifen ist die "EnBW mobility+", für ADAC-Mitglieder hier sogar noch mit Rabatt.
    • Ein gutes Backup ist Shell recharge. Die Preise sind variabler (abhängig vom Ladesäulen-Anbieter), weshalb man mit dieser vielleicht teurer lädt (aber dafür vielleicht auch Ladesäulen nutzen kann, die mit der EnBW-Karte nicht gehen)

    Bei allen Vorteilen der Ladekarten möchte ich zwei Nachteile nicht unerwähnt lassen:

    • Die gängigen Ladekarten und -säulen verzichten grundsätzlich auf alle Sicherheitsmerkmale, die RFID bieten könnte. Mit anderen Worten: Die Karten sind relativ einfach kopierbar (und dann kann sie jemand anders zum Laden auf Deine Kosten nutzen), wie Mathias Dalheimer auf seiner Webseite auch mal praktisch bewiesen hat. Offensichtlich ist diese Form von Stromdiebstahl nicht interessant genug, immerhin würde (sobald eine Karte einmal als "geklaut" markiert wurde) das Backend des EMP ja sofort in Echtzeit sehen, dass und wo die Karte zum Einsatz kommt, ggf. auch noch mit der MAC-Adresse seines Autos, und der Stromdieb wird sich an der Säule ja mindestens mal eine halbe Stunde aufhalten wollen, damit sich das ernsthaft für ihn lohnt.
    • Die gängigen Lade-Apps sind davon natürlich nicht betroffen, aber: Ladeapps finde ich deutlich unhandlicher (insbesondere, weil sie dann ja auch erstmal stabilen Internet-Zugang an der Ladesäule benötigen).

    Beine Probleme fallen aber zukünftig weg, wenn wir davon ausgehen, dass sich Plug&Charge durchsetzen wird.

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