Der Skoda lädt sich durch Deutschland

Wer meine lose Reihe "Laden in Köln" verfolgt hat, kommt vielleicht zu dem Ergebnis, sich kein E-Auto kaufen zu wollen. Das wäre schade und falsch. Ja, Köln macht vieles falsch in meinen Augen, aber auch hier funktioniert das Laden.

Vor allen Dingen ist es aber spannend (und gleichzeitig unspektakulär), wie sich der Skoda eigentlich so auf seinen wenigen Fernfahrten verhält, wie oft man da liegen bleibt oder nicht laden kann, oder oder oder.

1x Richtung Sauerland und zurück

Erstes Lade-Reise war eine Dienstreise Anfang März zu einem Kunden in Bad Laasphe in Richtung Sauerland. Ungeplant (und daum nicht voll aufgeladen), eigentlich hätte es eine Motorradtour werden sollen, aber dann wollte das Wetter nicht.

Erster Zwischenhalt bei einem anderen Kunden in Andernach im Großraum Koblenz. Da habe ich die Aufenthaltszeit vor Ort unterschätzt (sonst hätte ich problemlos da in der Nähe nachladen können), spät abends dann los zum eigentlichen Ziel. Das Navi behauptet, ich brauche zwei Stunden länger ... es hat eine unsinnige Ladeplanung irgendwo eingeplant. Unsinnig einerseits, weil man ja nicht ganz voll laden muss. Und andererseits, wie ich inzwzsichen weiß, hat Skoda ab Werk (soll demnächst in der Werkstatt behoben werden) die Navis falsch konfiguriert: Das Ding hält sich für einen iV50 mit 50 kWh-Akku und 50KW-Ladeleistung, es ist aber ein iV60 mit 60kWh-Akku und 100KW-Ladeleistung. Das erklärt seinen Drang, viel zu früh immer langsame 50 KW-Tripplecharger anzusteuern. Also: Ladeplanung deaktiviert, schon sieht die Ankunftszeit besser aus.

Ein bisschen den Rhein runter bis kurz vor Koblenz, dann auf die A48 bis zum Dreieck Dernbach, auf die A3 Richtung Frankfurt drauf und da war auch schon bald der "Rastplatz Heiligenroth" mit Schnelllader ausgeschildert, Hunger hab ich auch, passt. Leider schickt mich das Navi eine Abfahrt vorher in Montabaur raus und möchte ab jetzt Landstraße weiterfahren. Da hab ich etwas Bedenken bzgl. der Schnelllader-Dichte, außerdem ist der Rastplatz der Gegenfahrbahn (dort ist es die "Raststätte Montabaur") in Sichtweite, ich versuche mein Glück illegal von der Industriegebiets-Seite her, leider erfolglos. Beim Aldi gäbe es noch einen vermutlich eh nur 20KW-Lader, aber da parkt ein ortsansässiger Tesla. Auf die Idee, mir alternative Routen auszurechnen, komme ich irgendwie nicht (ich hätte auch die A3 bis Limburg noch weiterfahren können, dann wäre ich an dem ausgeschilderten Rastplatz Heiligenroth vorbeikommen). 

Egal, also weiter. Nach einer halben Stunde meldet sich mein Magen und die gelbe Akku-Lampe im Auto. Das Navi findet viele Ladesäulen, aber keine davon ist schnell. Am Ende werde ich dank EVmap-App in "Rennerod" fündig, ein EnBW-Hypercharger bei einem McDonald's. Eingesteckt, Abendessen, noch einen Spaziergang zur 300m entfernten Packstation ein Paket einwerfen, und als ich wieder ankam, war das Auto schon weit über 80% vollgeladen. Ich fahre los und außer, dass ich "in Reichweite meiner vorherigen Reserve" noch an einer anderen Ladesäule vorbeikomme (hätte das bei McDonald's also nicht geklappt, wäre ich nicht liegengeblieben) soweit unspektakulär. Da ich mit dem Motorrad anreisen wollte, hatte ich das nicht vorher geklärt, aber: Das Hotel Berghaus Sieben hat für seine Gäste eine kostenlose Wallbox. 

Auf der Rückfahrt am nächsten Abend habe ich durch ein längeres Telefonat leider verpast, rund um das Kreuz Olpe Süd rauszufahren. Das war ein Fehler - der Akku hätte bis Köln gereicht, aber ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Auf der A4 kommt dann lange Zeit gar keine Raststätte oder Autohof, erst wieder "Aggertal Nord", und das war gastronomisch kein Highlight. Immerhin: Während der Kaffee+Würstchen-Pause habe ich genug nachgeladen, um mich in Köln nicht sofort wieder an den Strom hängen zu müssen.

Genau so stelle ich mir das vor.

Das Elektromobile Paradies: Rotterdam

Im Mai ging es nach Rotterdam und danach noch kurz in Den Haag ans Meer. Von Köln aus bis zum Hotel waren es knapp 300km, könnte man mit einer Ladung schaffen - aber weil wir das Töchterchen noch bei ihren Großeltern parken mussten, war das was eng. 

Laut GoingElectric ist die Anzahl an Schnellladern an holländischen Autobahnen überraschend mau ... die Praxis zeigt: Entlang der Autobahn gibt es auf eigentlich jedem Rast- oder Parkplatz einen Schnelllader, GoingElectric hat für Holland leider einen absolut unvollständigen Datenbestand. Egal: Ich suche uns im Vorfeld den Rasplatz Molenheide auf der A58 aus, da gibt's "La Place" (das holländische Serways/Tank&Rast, aber in gut), BurgerKing und einen Subway, den nehmen wir auch, alles super. Als wir nach normaler Pausenzeit zum Auto kommen, hat er schon wieder über 200km Reichweite.

In Rotterdam selbst gibt es Ladesäulen an jeder Ecke, auch in unserem Parkhaus hätte es welche gegeben. Wir laden aber gar nicht erst (Auto ist ja noch halbwegs voll), sondern lassen den Skoda 48 Stunden alleine im Parkhaus stehen. Am Ende der Tour geht's an den Strand nach Den Haag, dort gibt's Lade-Plätze direkt am Wunschziel, und mit einem Akkustand von rund 70% von da aus wieder zurück Richtung Heimat. 

Auf dem Rückweg im Stau lerne ich zwei praktische Funktionen des Skoda-Navis kennen. In der Kartenansicht kommt man unten links mit den drei Punkten in ein Menü, in dem man z.B. auch Tag/Nacht-Einstellung ändern kann. Und da gibt's etwas unintuitiv (weil als Radio-Button getarnt) eine Funktion, die einem die alternativen Routen anzeigt. Mit viel Stau hier und da entscheiden wir uns für den Weg über Aachen.

Trotz einer Stunde Stau bleiben wir nicht unterwegs liegen. Mir war das klar, aber kurz nach der Tour hat mir ein Kunde erst noch erklärt, dass er Fälle kennt wo Leute aufgrund Stau und Klimaanlage oder Heizung es nicht mehr bis zur Ladesäule geschafft haben. Ich habe mal nachgerechnet: Meine Klimaanlage daheim ist mit 16A abgesichert, die kann unter Volllast (2 Räume mit insgesamt 40qm, das dürfte mehr sein als der Innenraum eines PKW) also nur maximal 3600 Watt ziehen, behaupten wir mal, es sei eher die Hälfte (bei einer Test-Messung komme ich auf noch viel weniger). Eine Stunde Klimaanlage fressen also etwa 2 kWh, was beim Skoda etwa 10km Reichweite entspricht. Ich denke nicht, dass man damit liegenbleibt.

Zurück zur Fahrt: Ich entdecke eine weitere Funktion am Skoda-Navi: Die Karte zeigt hell/dunkel an, wo man mit der aktuellen Akku-Kapazität noch hin kommt und wo nicht mehr. Praktisch! Es zeigt uns an, dass wir bis Aachen kommen, also würde ich, wenn wir es schaffen, Aachener Land laden wollen, ist günstiger (einerseits hat die Skoda-Karte bei ionity einen besseren Preis, andererseits Leistungsort Deutschland = abziehbare MWSt). 

Irgendwo bei Eindhoven wacht meine Frau auf und würde gerne austreten - just, als wir an einem Rastplatz vorbei fahren. Und wie so oft: Wenn man drauf wartet, kommt keiner. Kilometerlang nichts, tatsächlich wird die Reichweitenanzeige bedrohlich klein und mit unter 10% Restladung (was aber vermutlich so ganz knapp bis Aachener Land noch gereicht hätte) rollen wir in Heerlen auf den letzten holländischen Rastplatz kurz vor der Grenze zu Deutschland. Da erwarten uns leider nur Picknick-Tische und Tankstellen-Sandwiches, immerhin bei schönem Wetter, und auch hier: Wir müssen die Pause gar nicht lange hinauszögern: Essen, Klo, Scheibe von Vogelschiss befreien und wir haben eine Reichweite geladen, die uns dreimal wieder nach Hause bringt. Passt.

Hamburg - passt genau

Die letzte Fernreise ging nach Hamburg. Mit Familie, man will ja auch dem Nachwuchs was bieten, also vorher die Ladestopps genau geplant. Auf dem Hinweg sollte es Hubis Imbis werden an einem Aral Pulse-Autohof in Neukirchen-Vörden (A1 kurz hinter Osnabrück). Dessen kulinarischer Ruf liest sich in den Google Bewertungen besser als in der Praxis ... es war durchwachsen okay. Aber auch hier: Essen, nicht unnötig Zeit verplempern, und als wir einsteigen ist das Auto >90% geladen (auch wenn der Skoda am Anfang die 100KW Ladeleistung leider sehr schnell wieder verliert - bei über 80% hält er sich erstaunlich wacker bei >40 KW, das hätte ich schlimmer befürchtet). Damit kommen wir bis zum Ziel, und unsere Freunde und Gastgeber haben eine Wallbox.

Auf der Rückfahrt stand ebenfalls liebevoll vorher geplant der eine Abfahrt weiter befindliche Rasthof "Dammer Berge" auf dem Programm. Zwar nur Serways (Tank&Rast)-Fraß, aber immerhin eines der wenigen Brücken-Restaurants, wo man von oben auf die Autobahn guckt. Leider hatten wir bereits eine Stunde rund um Hamburg an Zeit verloren, sind von einem Stau in den anderen gependelt, und auch Dammer Berge lag in einem Stau, so dass wir eine Abfahrt früher raus sind. Ein Rasthof mit McDonald's und mehreren EnBW-Hyperchargern. Essen, Klo, losfahren mit >90%, das sollte bis nach Hause reichen.

Hätte es vermutlich auch, aber kurz vor Dortmund meldet sich die Blase unserer Tochter. Der nächste Rastplatz war 5km entfernt und wurde ansteuert, während des Klogangs das Auto angeschlossen und so kamen wir sogar ohne Reservelampe in Köln an. Unspektakulär, genau so sollte E-Auto-Fahren auch sein.

Viel Text, wenig Story: Langstrecken mit dem E-Auto klappen erstaunlich gut

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