Dropscan - digitaler Briefkasten für analoge Post
Die Corona-Krise hat vieles an unserem Arbeitsleben geändert. Für manche auch dauerhaft: Meine Firma hat beschlossen, zukünftig auf ein eigenes Büro zu verzichten. Seit fast genau zwei Jahren arbeiten wir zu 100% im Homeoffice, freuen uns auf regelmäßige Team-Treffen bei gemeinsamen Frühstücken, das Büro ist auch längst abgewickelt.
Aber was tun mit der Briefpost? Der GmbH-Sitz ist bei mir daheim, aber ich werde sicherlich nicht jeden Tag hier Umschläge öffnen und einscannen wollen. Der Plan war schnell klar: Einen Dienstleister, der uns die Post digitalisiert.
Erste Anlaufstelle war "E-POSTSCAN" der Deutschen Post. Am Ende hatte ich deren Preisliste falsch verstanden, außerdem sowieso Vorbehalte (die Leistung scheint gut zu sein, aber Kundenservice wohl nur für Großkunden existent). Zweiter Treffer aufgrund viel Werbung "CAYA", aber irgendwas nach Lektüre der Kundenbewertungen hat mich abgehalten.
Am Ende sind wir bei "Dropscan" gelandet. Und es funkioniert. Gut sogar.
Ablauf
Die Post wird per Nachsendeantrag zu Dropscan nach Berlin umgeleitet. Beim Nachsendeantrag wählt man den Typ "vorübergehende Abwesenheit", damit gibt die Deutsche Post das ganze nicht als Anschriftsänderung an ihre Großkunden weiter und man bleibt weiter Herr seiner Postanschrift.
Die Weiterleitungsadresse besteht aus der Dropscan-PostfachID (wir haben mehrere Postfächer, so dass Tochterfirmen im gleichen Tarif abgedeckt sind, aber getrennt voneinander laufen) plus Berliner Anschrift. Der Firmenname wird von der Deutschen Post zwingend beibehalten (entspricht dem Auftraggeber des Nachsendeantrags), man kann aber mehrere bei Dropscan hinterlegen (so dass auch z.B. Post an "Name einer Vertriebsmarke" statt "Firmenname GmbH" verarbeitet werden kann.
Die Post kommt zuverlässig mit meistens nur einem Tag Verspätung im Postfach an. Wir könnten die manuell sichten und entscheiden, was geöffnet und wie es verarbeitet werden soll - einerseits, wenn vertrauliches z.B. getrennt bearbeitet werden soll, und andererseits, um Geld zu sparen, weil dann Werbung ungeöffnet vernichtet werden kann (der reine Umschlagscan ist in allen Tarifen kostenlos; wir könnten also ein paar Euro sparen, wenn wir in den kleineren Tarif wählen).
In unserem Tarif kommen wir aber locker hin, auch wenn wir Werbung öffnen lassen. Darum wird automatisch jeder Brief geöffnet und gescannt (das passiert manchmal am gleichen Tag noch, manchmal am nächsten Tag).
Wie es dann weitergeht, kann man konfigurieren. Es gibt Integrationen in verschiedene Produkte, man kann sich aber auch einfach Mails schicken lassen. Wir lassen uns die PDFs per Webhook an unser Intranet übergeben, da geht es dann wie folgt weiter:
- Die PDF-Scans von Dropscan kommen bereits mit erfolgter Texterkennung. Wir extrahieren den Text aus den PDFs
- Anhand verschiedener Schlüsselwörter können wir z.B. vertrauliche Post vorsortieren
- Das Dokument läuf in unser Ticketsystem (und wird dort genauso behandelt wie E-Mails und Faxe schon seit Jahren). Der zuvor extrahierte Text steht dann im Ticket drin, aber natürlich unformatiert zusammen mit Briefpapier usw. - sieht nicht schön aus, aber recht, so dass man den Inhalt schon beurteilen kann, ohne das PDF öffnen zu müssen. Und nebenbei kann es so später über die Volltextsuche im Ticketsystem wiedergefunden werden.
- Finden wir unsere alte Büroadresse im Dokument, wird parallel intern ein zweites Ticket eröffnet, dass dieser Absender (sofern keine Werbung) über unsere neue Anschrift informiert werden sollte.
Die Originale werden dann bis zu 3 Monate kostenlos bei Dropscan aufbewahrt, alle paar Wochen mal räume ich dort auf und lasse Werbung, Kataloge usw. vernichten. Der Rest geht dann immer zum Ende eines Quartals im Karton an unser "Außenarchiv", wo der Karton ungeöffnet eingelagert wird (falls wir doch mal ein Original brauchen) und irgendwann nach einem Jahrzehnt vernichtet.
Dokumente, deren Inhalt im Original benötigt werden, können auf Knopfdruck entweder direkt oder am Monatsende als Sammelpaket zu uns geschickt werden.
Kosten
Unser Tarif kostet 50 Euro mtl., dazu kommen zwei Nachsendeanträge (1x vom alten Büro, und 1x von der neuen Firmensitz-Anschrift bei uns daheim) plus das Porto für den Versand der Originale zum Archiv oder zu uns. Insgesamt kostet uns der Spaß 60-65 Euro mtl., was den Komfort absolut wert ist.
Pannen
Halten sich in Grenzen:
- Der Versand von Jobtickets, Kreditkarten, Tank-/Lade-/Parkhauskarten usw. geht nie glatt. Wir versuchen, die Lieferanschrift vorher anpassen zu lassen (z.B. zur mir nach Hause: Einfach den Firmennamen weglassen, dann greift der Nachsendeantrag nicht) ... aber meistens kommen die an die Firmenanschrift und meistens ohne Vorwarnung. Die müssen dann eben umgeleitet werden, was eben dann ein paar Euro Versand und 3-4 Tage Gesamt-Verzögerung kostet.
- Ein paar wenige Male wurde vertrauliche Post so ins Ticketsystem geleitet (es fehlen Schlüsselworte zur Erkennung). Zwar kann ich das Ticket dann als "vertraulich" konfigurieren (dann ist es für den Rest unlesbar), aber die Voransicht ("es gibt ein neues Ticket") mit einem Teaser der aus dem PDF extrahierten Textes ist dann bereits an alle gegangen. Das wäre aber das gleiche, wenn die Dokumente z.B. per Fax gekommen wären.
- Alle paar Wochen kommt mal ein Brief mit "PIN" (Post-Wettbewerber), die können keine Nachsendenanträge. Der landet dann bei uns im Briefkasten und wird eben normal gescannt.
- Einmal hatten wir ein Knöllchen in unserem Ticketsystem, das für einen anderen Dropscan-Kunden war. Der Scan des Umschlags klärt auf: Da klebten zwei Umschläge aneinander (dieser Brief und einer von uns), dadurch waren zwei Barcode-Aufkleber (über die Dropscan offenbar die Zuordnung zu den Kunden auf die Umschläge klebt) auf dem Scan und es wurde der fasche zugeordnet.
- Bei Postrückläufern (unzustellbar) bekommen wir einen Inhaltsscan (dabei haben wir den Inhalt ja selbst verschickt). Spannender wäre aber der Umschlagscan (da wäre ja der Post-Stempel drauf, warum der Brief nicht zustellbar war) ... die Umschlagsscan bekommen wir aber nicht per Schnittstelle, sondern können uns den nur manuell angucken. Meisten ist er aber wertlos, weil die die relevante Info vom gelben Nachsende-Aufkleber verdeckt wird.
- Nach anderthalb Jahren ist mal ein per DHL verschicktes Amazon-Paket umgeleitet worden und wir haben nur einen Scan bekommen.
Update: Supportqualität
Kaum schreibt man über sie, rufen sie (zufällig) drei Tage später an. Und nicht nur, dass ich wirklich zufrieden bin mit dem Produkt, auch der Support ist top:
- Frage 1 war, ob es eine API gibt (z.B., damit Werbung, die im Ticketsystem gelöscht wird, auch vollautomatisch bei Dropscan vernichtet wird und ich nicht manuell ab und zu aufräumen muss). Ja, die gibt es.
- Frage 2 war, ob wir über die API auch den Umschlagscan abrufen können (über den Webhook kommt er nicht mit), was wie beschrieben bei Postrückläufern hilfreich wäre. Ja, auch das ist über die API möglich, aber es geht auch noch einfacher - wir bekommen zukünftig den Umschlagscan einfach immer hinten am PDF mit dran. Das Datum des Poststempels bei Kunden, die Frage ob es per Einschreiben kam, all das wird jetzt auch direkt bei uns digital dokumentiert.
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Fazit
Eine gute Produktidee gut umgesetzt! Insgesamt könnte das sogar auch für private Urlaubs-Post eine Option sein, falls wir mal länger als nur 1-2 Wochen unterwegs sind.