e-tron 55 auf Dienstreise

Prolog

Im Sommer 2017, unsere Tochter war ein halbes Jahr alt und konnte gerade krabbeln, verschlug es uns nach Mallorca. Am Flughafen Palma stand ich am Schalter der Goldcar-Autovermietung an, 45 Minuten Wartezeit, bis ich endlich an der Reihe war. Gebucht hatten wir eine Kategorie "Beispielsweise Ford Fiesta", bekommen würden wir einen Citroen C1, der mit deutlich kleiner vorkam. Pech, das sei die gleiche Kategorie, wenn ich einen Fiesta haben wollte, koste das 150 Quadrillionen Euro, denn der Fiesta habe Navi und wäre damit ein Upgrade gegenüber dem, was ich gebucht habe.

Nachdem ich beharrlich den nervigen Upsell-Versuchen für Versicherungen widersprochen habe, musste ich noch vor Ort am Schalter unterschreiben, dass ich das Auto geprüft habe und es schadenfrei sei. Wollte ich zuerst nicht, da ließ mich die Dame 10 Minuten lang stehen, machte irgendwas anderes und kam nach 10 Minuten wieder mit der Frage, ob ich es mir überlegt habe. (Spätabends, die Vorauszahlung hätte ich im Leben nicht mehr wiederbekommen, Frau und quengelndes Baby warteten schon ewig und wir hatten noch 30 Minuten Fahrzeit zum Hotel vor uns, waren die Optionen nicht so üppig). Ich musste dann noch blind irgend einen krummen vierstelligen Betrag autorisieren (Erklärung: Das sei Kaution, würde ich alles wiederbekommen) und los ging der Urlaub. Von der Kaution habe ich natürlich nicht alles mitbekommen, denn ohne es mir zu erklären hatte man mir die Tank-Option dazugebucht, d.h. ich habe eine Tankfüllung bezahlt, wusste davon aber nix und darum das Auto voll zurückgegeben.

Das ganze fand 20 Meter neben einem Sixt-Counter statt. Dort hätte die Wartezeit 5 Minuten betragen, ich hatte noch nie Ärger mit Sixt, weder im In- noch im Ausland, und mit Sixt Diamond Status (ein Überbleibsel aus einem früheren Leben mit vielen Dienstreisen) habe ich im In- und Ausland auch schon mal die ein oder andere positive Überraschung erlebt. Aber Sixt wäre bei dieser Reise mehrere Hundert Euro teurer gewesen.

Ich habe mir damals geschworen, nie wieder bei Goldcar zu buchen, egal was es kostet.

Audi e-tron 55 von Europcar

Ich versuche auch auf Dienstreisen, wenn sinnvoll möglich, elektrisch zu fahren. Leider hat StarCar im Moment keine Autos (wenn ich "Tesla ab Köln" buche, bekomme ich eine Änderung auf "BMW i3 ab Bonn", das ist für Fernfahrten irgendwie uncool). Sixt hat sowieso elektrisch nichts in Köln im Angebot. 

Also habe ich bei Europcar reserviert. Und bei Europcar kommt Urlaubsfeeling auf (wie ich inzwischen weiß, haben sie damals etwa zum Zeitpunkt meines Urlaubs auch die spanische Goldcar aufgekauft). Es ging los 24 Stunden nach der Buchung, also der Polestar sei nicht verfügbar, aber ich könne als bezahltes Upgrade einen e-tron haben. Nun gut, den (ich hatte dummerweise auf den e-tron GT spekuliert, war aber leider nicht der Fall) wollte ich eh mal testen, der Aufpreis war fair, also hab ich mich einlullen lassen.

An der Station angekommen war eine zusammenhängende Dreiergruppe vor mir. Was wenig klingt. Die Gruppe vor mir hatte ein E-Auto gebucht, und nachdem in souveränder Ein-Finger-Technik alle Daten eingetippt wurden, fragte er: "You have a card? No, you have a card? You need a card! This is an electric vehicle". Okay, offenbar ging es darum, ob sie wüssen, dass man E-Autos mit einer Ladekarte/-app laden muss. Nein, hätten sie nicht. Also gut, ein Benziner, Dann wurden in bester GoldCar-Manier Versicherungen empfohlen und dann nochmal nahegelegt. Dann gab es noch Probleme mit der Kreditkarte (ohne Versicherung musste eine größere Summe blockiert werden, die mit der Karte des Mietenden nicht autorisiert werden konnte), dann mit der Alternative (seine Freundin wollte bezahlen, aber gar nicht fahren. Dann müsste man aber eine Versicherung dazubuchen, denn ohne Versicherung gilt: Fahrer muss gleich Kreditkarteninhaber sein). Dann mit der zweiten Alternative, die dritte in der Reihe war bereit zu fahren und hatte eine Kreditkarte, sie hatte auch einen Führerschein, aber auf dem sei irgend ein Datum nicht eindeutig erkennbar). Der Europcar-Mitarbeiter war aber lösungsorientiert, jeder zweite Satz war "this is a problem. This costs more money". 

Nach 30 Minuten Wartezeit war ich dann endlich an der Reihe, ich sollte also den e-tron bekommen, genauer: Einen Audi e-tron Sportback 55, 86 kw/h Batterie, 300 KW/408 PS Spitzenleistung bzw. laut Fahrzeugschein dann 158KW/30 Minuten und eine Ladeleistung von bis zu 150KW. Und den wieder voll ("mindestens 80%") zurückbringen. Was für ein E-Auto echt unbequem ist. Aber gut, Reise gestartet und im Laufe des Wochenendes sehe ich, dass ich eine "Batterie charge fee" auf dem Mietvertrag stehen und bezahlt hatte. Hotline angerufen, die können damit nichts anfangen ("so eine Gebühr kennen wir nicht"), können aber auch gar nichts dazu sagen ("wir sind ja nur die Reservierungszentrale. Für die Buchung müssten Sie sich an die Station wenden"). Irgendwo auf der Europcar-Webseite liest man dann: Die erste Akkuladung ist im Preis enthalten, ich kann das Auto leer zurückgeben.

Das habe ich dann auch getan (der Mitarbeiter bei der Rückgabe sah das genauso, "Hauptsache noch genug, damit wir bis zum nächsten Schnelllader kommen"). Bei weiteren Anmietungen hieß es dann von dem ersten Kollegen (ich glaube sogar, es ist der Stationsleiter) wieder, ich müsse das Ding mit mindestens 80% Ladestand zurückbringen. Keine Ahnung ob er keine Ahnung hat oder er sich Zeit+Kosten für das Nachladen sparen will und hofft, ich als Kunde sei blöd genug.

Leider ist Europcar derzeit wie gesagt alternativlos bei der Anmietung von E-Autos. 

Das Auto

Es ist ok. Aber nicht perfekt.

In erster Linie natürlich Audi. Hatte ich schon alle möglichen Modelle zur Miete in den letzten 20 Jahren, ich fahre die immer gerne, tolle Autos, wäre mir für Kauf/Leasing aber wahrscheinlich zu teuer. Auch am e-tron gibt's nichts zu meckern.

Vergleicht man Navi+Radio usw. mit unserem Skoda, dann hat man bei Audi natürlich ein tolles Display vor dem Fahrer, da wo ich im Skoda nur so ein rudimentäres Ding (dessen Informationsgehalt eher dem eines HeadUp-Displays entspricht) habe. Und dann noch untem im Bereich "Schalthebel" das Display für Heizung usw., in dem man völlig blind mit dem Finger z.B. die Zieladresse für's Navi reinschreiben kann - das ist schon ziemlich genial. Das HeadUp-Display hatte ich beim Skoda damals nicht mitbestellt, der Audi hatte es - aber ich finde es nicht gut. Bei halb-autonomen Fahren (Tempomat mit Abstandshalter etc). sehe ich z.B. im HeadUp-Display nicht, warum das Auto jetzt gerade langsam fährt - Verkehrsschild erkannt, Abstand zum Vordermann, Abfahrt voraus, oder falsch eingestellt? Und die Navigation zeigt mir auf dem HUD den nächsten Richtungspfeil (z.B. Ausfahrt nehmen), die Entfernung bis dahin, und: Den Namen aktuellen Position (z.B. aktuelle Abfahrt) an. Ich will aber ja nicht wissen, wo ich gerade bin (das sehe ich ja auf den Straßenschildern), sondern wie das Ding heißt, wo ich raus muss. Oder anders gesagt: Guckt man etwas unvorbereitet erst auf's HUD und sieht "ich musss gleich raus" + den Text "Wuppertal-irgendwas" und dann wieder auf die Straße und sieht ein Schild "Wuppertal-irgendwas", dann führt das, wenn man es nicht gewohnt ist, zu einem "oh Mist, dann muss ich ja hier schon raus"-Effekt. Im direkten Vergleich mit dem Skoda, der bei uns kein HUD hat, aber dafür eben das spartanische Display mit eben genau den wenigen wichtigen Infos vor der Nase gefällt mir letzterer besser.

Und: Der Audi ist das perfekte Auto für Benziner-Umsteiger. Für mich ist es ein Rückschritt in der Bedienung. In unseren Skoda (aber auch z.B. im Polestar 2) steige ich ein und stelle vorwärts-oder-rückwärts ein und gebe Gas. Und wenn ich anhalte, steige ich aus und schließe ab. Der Zündschlüssel ist ja zugunsten von Keyless ohnehin schon aussterbend, und irgend einen Start-Stop-Knopf noch zu drücken hat ja beim E-Auto genau gar keine Aufgabe mehr, da sind wir E-Auto-Fahrer also schon von weg. Beim Audi e-tron 55 ist es aber eher so für jemanden, der einfach so Autofahren will, wie er es 20 Jahre lang gemacht hat. Einsteigen und "die Zündung" betätigen, wenn man Strom haben will, evtl. nochmal zum Starten. Und nach dem Anhalten aussteigen führt zu "Ding Ding Ding - Zündung noch eingeschaltet" und dann muss man wieder rein und nochmal den Start-Stop-Knopf drücken. Naja, wem's gefällt...

Ansonsten könnte man noch meckern (aber das dürfte an Laien-Bedienung durch Mietwagen-Kunden liegen), dass die stylische Ladeklappe schöner aussieht als dass sie praktisch ist. Beim Audi klappt sie auf Knopfdruck herunter, während viele E-Autos ja den Typ Tankdeckel nehmen (in Fahrtrichtung aufklappen). Beim Audi war die Verriegelung hinüber, die Klappe fällt bei Geschwindigkeiten >140 km/h runter und dann fährt man am besten schneller, um auf der linken Spur zu bleiben. Denn sobald Dich jemand überholt, wird jeder Dritte netterweise darauf hinweisen, dass die Klappe auf ist.

Mich hat's nicht gestört (und als ich es das erste Mal bemerkt hatte, hatte ich vorher schon Geschwindigkeiten >200 km/h hinter mir und die Klappe hat überlebt). Allerdings hat mich dann Höhe Frankfurt die Polizei rausgewunken und bestand dann doch darauf, dass ich das Ding mit Pflasterband aus dem Verbandkasten für den Rest meiner Reise fixieren.

Davon abgesehen: Schönes Auto, auch mit ordentlich Wums auf der Autobahn, allerdings auch bei vergleichbarem Fahrstil ohne Wums mit rund 20% höherem Verbrauch als unser Skoda.

Die eigentliche Reise

Den Audi e-tron 55 hatte ich mehrmals (die weiteren Mieten ohne Upsell-Versuch), auch für eine etwas weitere Reise durch Deutschland. Zu einem Kunden in den Großraum Düsseldorf, dann wieder in Köln einen Kollegen absetzen und dann Richtung Stuttgart. Das Audi-Navi ist sehr konservativ und behauptet, der geplante Ladestopp wäre nicht erreichbar, am Ende klappt es trotzdem (330km Fahrstrecke mit 50km Restreichweite ... bei einem rund 80 kw/h-Akku entspricht das rund 21 kw/h auf 100km, wie gesagt der Skoda braucht bei gleichem Wetter 20% weniger). In Bensheim, den Autohof kannte ich ja schon von unserem Österreich-Urlaub, funktioniert dieses Mal der EnBW-Lader problemlos, gegessen wird an einem 300m entfernten Metzger-Imbiss (eine angenehme Abwechslung zu den Fastfood-Systemgastronomie-Klassikern), danach weiter zum Ziel (Maxx-Hotel Aalen - keine Lademöglichkeit am Hotel, aber 4 Ladepunkte direkt daneben). Morgens um 4 ist der Audi dann voll, nach dem Hotel-Frühstück weiter zum Kunden.

Abends Rückfahrt ins Navi eingetippt: Fastned Limburg Süd (auch das kannte ich von unserer Österreich-Tour, Abendessen bei L'Osteria ist wieder besser als normale Rastplätze), Navi behauptet wieder, die rund 310km schafft er nicht, ich fahre los. Etwa nach der Hälfte (und damit bei 50% SOC) in Würzburg kommt ein bisschen Hunger auf und ich gucke mal, was es so gibt: Als erstes kommt "Spessart Nord", war damals mein erster Schnelllader auf der ersten Fernfahrt - das dortige Nordsee-Restaruant habe ich als sehr trostlos in Erinnerung und bin sogar zum Kaffee in die Tankstelle daneben gegangen. Ich fahr weiter. Aschaffenburg: Da wusste ich von einem Fastned-Lader, aber ohne Gastronomie in der Nähe. Raststätte Weiskirchen fahre ich raus, da gibt es nur einen einzelnen traurigen TrippleCharger, der noch dazu belegt ist, und auch nur Tank&Rast-Essen. Also weiter. Am Frankfurter Flughafen hatte ich schon mal erfolgreich schnell geladen, aber für Gastronomie hätte ich dann etwas länger in den Airport laufen müssen, auch nicht cool. Nächster Versuch Raststätte Medenbach, voll. Bad Camberg ist in Fahrtrichtung Köln eine Baustelle, höchstwahrscheinlich hätte man aber die andere Seite anfahren können (vielleicht nicht erlaubt, aber ohne großen Umweg). Hatte ich kurz überlegt (ionity ist mit meiner Skoda-Ladekarte deutlich günstiger), aber hätte McDonald's bedeutet. Also lieber noch ein paar Meter weiter nach Limburg zu Fastned/L'Osteria, wesentlich angenehmer als norrmae Raststätten. Der Audi muss nur bis Köln durchhalten (nächste Fahrt wäre zur Rückgabe bei Europcar, und die darf ja wie gesagt leer erfolgen), darum beende ich den Ladevorgang noch, während ich auf meine Pizza warte.

Feedback