EAT PLAY LOVE - Digitalisierung mal ohne Ahnung

Letzte Woche waren wir auf dem "EAT PLAY LOVE 2023"-Festival am Fühlinger See in Köln. Das Festival selbst war gut, das ist nicht der Grund meines Textes.

Sondern die Art, wie es "digitalisiert" wurde. Im Vorfeld wurde mir gesagt (ich meine, ich hätte es irgendwo gelesen seitens des Veranstalters. Finde aber gerade keinen Beleg, vielleicht wurde es mir nur von Freunden angetragen), ich müsse die gleichnamige App runterladen, darüber könnte ich auch die Tokens kaufen, denn das Festival wäre komplett bargeldlos. Klingt super.

Im Vorfeld

Also habe ich die App runtergeladen, war ein bisschen enttäuscht vom Funktionsumfan. Man konnte sich unter "LOVE" angucken, wann welcher DJ auflegt. Was bei dieser Art von Musik mir nicht so wichtig ist, ich kenne die ja eh alle nicht mit Namen. Und ändern wird sich daran auch nichts, irgendwelche Infos zu den Künstlern, wenn man auf deren Namen klickt oder so, gab es nicht. 

Klickte man auf "EAT", so hatte ich gehofft, bekommt man Infos über den Streetfood-Festival-Anteil. Also welche Fressbuden gibt es, vielleicht sogar mit Speisekarten. Ähm nein, dahinter verbar sich lediglich ein Foto mit den Hinweis "Street Food Festival" und der Bildunterschrift "EAT - Feinstes Streedfood". Und unter "PLAY" Gab es dann den Hinweis "EPL Cologne Masters", Außerhalb der App konnte man dann rausfinden, dass das eine Wakeboard-Meisterschaft war, der man gechillt als Zuschauer beiwohnen konnte, aber die App wusste mehr als diesen Titel nicht zu bieten.

Immerhin konnte man Tokens kaufen, das ist die Festival-Währung. Habe ich gemacht, PayPal-Zahlung, danach hatte ich einen QR-Code in meiner App und wurde neugierig.

Das Leben mit einer Festival-Währung

Am Samstag sind wir dann los zum Fühlinger See, im Gepäck nur das DeutschlandTicket, eine Girocard als Backup-Zahlungsmittel, Smartphone, aber keine Geldbörse. Man geht ja auf ein Festival, die stört da nur. Da wir sehr sehr sehr spät dran waren, und der Fühlinger See sehr sehr sehr schlecht per ÖPNV zu erreichen ist, haben wir ganz spontan dann doch auf Auto umgesattelt.

Und damit fing der Spaß schon an: Der Parkplatz ist von der Stadt Köln, und die wussten natürlich nichts davon, dass das ein bargeldloses Festival ist. Bzw. die sind ja sowieso in vielen Dingen noch hinter dem Rest der Welt. Kartenzahlung also keine Chance, ich brauchte Bargeld. An dieser Stelle danke an die nette Mitarbeiterin der Firma Luchs (die für das Parkplatz-Kassieren zuständig war), die mittels PayPal-Zahlung an ihren privaten Account das Problem für mich gelöst hat. 

Egal, rein auf's Festival (QR-Coder der Eintrittskarte gescannt) und irgendwann wollte ich mit meinem Token-QR-Code dann was zu Essen kaufen. Nein, Das geht nicht. Ich könne damit nicht bezahlen. Hä?

Statt dessen musste ich mit dem Smartphone an die Kasse. Token klingt digital, aber bei EAT PLAY LOVE war es ein Synonym für Bons, aber nicht aus Papier, wie auf einem Volksfest, sondern aus umweltschädlicherem Plastik. Und die musste ich gegen Vorlage meines QR-Codes dann abholen. An der gleichen Kasse (immerhin gab es verschiedene Warteschlagen, wobei viel Warten war gar nicht nötig), an der ich auch mit Bargeld oder Kartenzahlung die gleichen Plastik-Tokens hätte kaufen können.

Also war das bargeldlose Festival mit eigener Währung nichts anderes als ein Bon-Verkauf. Die Tokens wurden aus großen Platten rausgebrochen und mir dann gegeben, die musste ich dann wieder einzeln abbrechen (d.h. das war am Ende des Tages alles Müll, niemand wird die für nächstes Jahr wieder benutzen wollen) Nicht cool.

Ein Token hat einen Wert von 2 Euro. Nun gibt gab es drei Produkte, die günstiger waren:

  • Glaspfand z.B. betrug ein Euro. Lösung: Die Tokens wurden in der Mitte durchgebrochen, so dass man auch halbe Tokens hatte. Wirkt etwas albern, dürfte aber psychologische Gründe haben (4 Tokens für eine Portion Pommes klingt halt günstiger als 8 Euro)
  • An einem Stand kostete ein Baguette laut Preisschild 7,50 Euro. Weil man aber ja kein Bargeld annahm, waren das dann: 4 Token
  • Die Toilettenfrau wollte laut Schild 50 Cent haben. Keine Ahnung, ob sie sich auch mit einem 2x2mm großen Stück Plastik "hier, das ist ein Viertel Token" zufriedengegeben hätte - da der Toilettenwagen weder sauber war, noch Papiertücher, Seife etc. nachgefüllt waren, habe ich keine Veranlassung gesehen, darüber nachzudenken.

Soviel zu der bargeldlosen Festival-Währung. Immerhin: Man konnte zu viel gekaufte Tokens abends wieder zurückgeben. Dazu stellt man sich an die Kasse an und überlegt, in welche der drei Schlangen man sich einreihen muss: Die für "Abholung von per App bezahlten Tokens" (weil ich darüber bezahlt habe), oder die für "Tokenkauf mit Bargeld", weil ich ja Bargeld zurückbekommen habe. Antwort C ist richtig, "Tokenkauf mit Kreditkarte". Denn die Rückgabe musste auf dem Kreditkartenterminal eingetippt werden, bekommen habe ich aber natürlich Bargeld.

Muss man alles nicht verstehen.

Ach ja, am nächsten Tag (das Festival lief noch weiter) wollte ich einen Screenshot der App machen, kam aber mit meinem Account gar nicht mehr rein, siehe Scrrenshot. War mir egal, aber wenn ich zu dem Zeitpunkt auf dem Festival gewesen wäre, hätte ich meinen vorbezahlten Token-Abhol-QR-Code oder sonstige Einkäufe (im Shop gab es auch 8 Cocktails zum Preis von siebeneinhalb oder sowas) nicht einlösen können. Super!

Kann man so machen, ist dann aber Murks

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