Meilen sammeln = günstig Reisen?

In früheren Jahren bin ich noch mehr gereist als heute, war Anhänger einer "Flugnerd-Community" (also einer Gruppe von Reiseverrückten, für die der Weg das Ziel war), habe zum Sammeln von Flugmeilen jedes Parkticket mit Kreditkarte bezahlt und jede noch so unsinnige Umsteigeverbindung gebucht. (Die Umsteigeverbindungen bucht man für die Status-Meilen, die Kreditkarten-Umsätze macht man für die Prämienmeilen, aber das führt jetzt zu weit).

Entsprechend habe ich auch heute noch auf ein paar Anbieter verteilt Flugmeilen und Hotelpunkte im Gegenwert einer einer höheren vierstelligen Summe rumliegen. Und trotzdem ich lange Zeit dieses System mitgemacht habe, trotzdem ich heute noch sammle (meine primäre Firmen-Kreditkarte ist eine American Express Business Platinum, die ich hier schon mal beschrieben hatte. Meine sekundäre dann die goldene Miles&More-MasterCard) kann ich nur jedem Außenstehenden raten, sich nicht blenden zu lassen: Von den Travel-Blogs, den Influencern, den First-Class-reisenden, den Dominiks, Simons, Stefans und wie sie alle heißen, die eigentlich nur auf die Provision für das Vermitteln von z.B. der eben genannten Kreditkarte aus sind.

Exkurs: Wahre Annekdoten

Keine Regel ohne Ausnahme: Ja, es gibt wahre (oder zumindest realistische) Geschichten von Leuten, die durch Flugmeilen ein kleines Vermögen gemacht haben.

Bekannt geworden ist z.B. der Amerikaner Brad Wilson, der monatelang immer wieder US-Dollarmünzen per Post bestellt hat. Damals hat Federal Reserve-Bank versucht, mehr Münzen statt Scheine in Umlauf zu bringen und bot interessierten Amerikanern den Kauf von Münzen versandkostenfrei an. Wilson hat Münzen gekauft, den Betrag mit Kreditkarte bezahlt (und durch den Umsatz Flugmeilen generiert) und die Münzen anschließend zur Bank gebracht und auf sein Kreditkartenkonto eingezahlt. Am Ende hat er einfach nur vier Millionen US-Dollar im Kreis bewegt und vier Millionen Flugmeilen erschlichen. Das gleiche Prinzip gab es vor ein paar Jahren auch mit einer französischen 1.000 Euro-Sondermünze (die konnte man für 1000 Euro versandkostenfrei bestellen; musste sie aber dann auch nach Frankreich bringen, weil eine Einzahlung bei deutschen Banken m.W. nicht möglich war). Oder auch mit coolen Fintechs (Startup-Banken), z.B. konnte man eine Zeitlang bei Revolut sein Girokonto per Kreditkarte "auffüllen" und so monatelang immer z.B. 10.000 Euro im Kreis überweisen.

Ebenfalls in Amerika war es David Philips, der über einen Coupon von "Healthy Choise" stieß: Für das Einsenden von 10 Barcodes von Produktverpackungen konnte man 1.000 Meilen generieren. Gedacht was es eher für teurere Produkte, aber er kaufte das günstigste, Pudding. Für insgesamt 3.000 US-$, und weil er und seine Familie nicht alle Deckel alleine abreissen konnte, spendete er sie der Heilsarmee und bekam durch die Spendenquittung noch 800 Dollar vom Finanzamt zurück. Effektiv generierte er für 2.200 Dollar rund 1,2 Millionen Flugmeilen im damaligen Wert von rund 150.000 US-Dollar. 

Derartige Annekdoten täuschen nicht darüber hinweg, dass die Mehrheit der Meilensammler keinen positiven Ertrag aus ihren generierten Meilen ziehen können.

Basics zu Meilen und Punkten

Fangen wir mal mit den Grundlagen an: Bekanntgeworden ist das Meilensammeln durch Fluggesellschaften (darum heißen die Dinger ja auch Flugmeilen), das funktioniert da so:

  • Wenn Du mit der Airline fliegst, z.B. mit Lufthansa, gibst Du Deine Vielfliegernummer z.B. von Miles&More an und bekommst für jeden Flug Status- und oder Prämienmeilen gutgeschrieben.
  • Statusmeilen dienen bei Erreichen verschiedener Schwellen für den Erhalt eines Vielflieger-Status und sind mit ein paar Privilegien. Ist ein Thema für sich
  • Prämienmeilen sind eher sowas wie Payback-Punkte, also ein indirekter Rabatt, den man später eintauschen kann. Um noch mehr Prämien zu sammeln, bieten viele Programme auch eine Kreditkarte an, die kostet ein paar Euro Gebühr, bringt ein paar Nettigkeiten und jeder Euro, den man mit dieser Karte bezahlt, gibt hintenraus als Belohnung dann auch Prämienmeilen
  • Innerhalb der Allianzen (Lufthansa z.B. ist ja StarAlliance-Mitglied) gibt es ein "Roaming" der Vielflieger-Programme. So kannst Du auch mit einem TurkishAirlines-Flug Meilen auf Dein Miles&More-Konto sammeln, oder umgekehrt ein Miles&Smiles-Kunde (so heißt das Bonusprogramm bei Turkish) kann auf Lufthansa-Flügen sammeln (oder seine Meilen für Lufthansa-Flüge einlösen) 
  • Das ganze gilt so nur bei Netzwerk-Airlines (also das Gegenteil zu Billigfliegern wie Ryanair&Co). Bei den zu einem Konzern gehörenden Billigfliegern (also z.B. Eurowings) wird oft das eigene Vielfliegerprogramm (Miles&More) voll oder teilweise "unterstützt" (also man kann auch da sammeln), da gilt das mit dem Roaming aber dann nicht (also ein Miles&Smiles-Kunde wird auf einem Eurowings-Flug keine Meilen bekommen)

Ähnliche Syteme gibt's auch bei Hotelketten oder z.B. "bahn.comfort" der Deutschen Bahn ist auch das gleiche Prinzip. 

Generell ist aber an der Stelle eines wichtig, sich klarzumachen: Diese Meilen (je nach Programm auch Punkte oder z.B. Avios genannt) sind kein Geschenk, die sind ein Rabatt, damit Ihr die teureren Flüge bei dieser Airline bucht ("da krieg ich ja Meilen"). Perspektivisch günstiger fährt man, wenn man einfach rein nach dem Preis die günstigste Verbindung (evtl. auch mit Ryanair&Co) bucht. Das gilt für die Kreditkarten genauso: Statt einer teuren AmericanExpress mit Membership Reward-Programm (auch da kann man Punkte sammeln, die man später in Meilen umtauschen kann) ist oftmals eine kostenlose oder sehr günstige Kreditkarte (z.B. Payback, Amazon LBB, ... auch da bekommt man ja einen kleinen Rabatt) die bessere Wahl!

Luxuriöser Meilenflug nach Asien

Hat man genug Meilen, kann man die für Prämienflüge (sog. Awards) einlösen. Als Beispiel mal unsere beste Flugreise: Ein FirstClass-Ticket für meine damalige Freundin (heutige Frau) und mich nach Bangkok. Es ging mit dem Zug nach Frankfurt ins FirstClassTerminal, das ist ein separates Gebäude (abseits des "normalen" Flughafens), da gibt man seinen Ausweis und sein Gepäck ab, geht völlig ohne Wartezeit und andere Passagiere durch eine eigene Sicherheitskontrolle und wartet dann bei hochwertigem a-la-carte-Essen, an einer Bar, in einem Wohnzimmer-ähnlichen Wartebereich (oder könnte auch ein Bad nehmen), bis man abgeholt wird ("wir sind jetzt zum Einsteigen bereit"). Dann geht's eine Treppe runter, rein in eine in unserem Fall S-Klasse von Mercedes, zum Flugzeug und dann geht's auch direkt los.

Es ging dann in BusinessClass nach Zürich. Diesen Umweg hatte ich bewusst gebucht, da ich - once in a life - sowohl das FirstClassTerminal in Frankfurt, als auch die Langstrecke mit der Swiss (der man nachsagt, sie sei noch etwas besser als Lufthansa) habe wollte. In Zürich dann nochmal Wartebereich in der FirstClass-Lounge, dann mit einer Mercedes V-Klasse zum Flieger, Langstrecke, und in Bangkok Abholung durch so ein Flughafen-typisches Fahrzeug (Golf-Kart ohne Dach) und dann mit Vordrängel-Gutscheinen durch die Einreise. Wir waren schon im Urlaubsland eingereist, da war die Economy noch gar nicht aus dem Flugzeug raus.

Der Flug selbst war natürlich auch der Hammer, Platz wie in einem normalen Restaurant (zu jedem Sitz gehörte gegenüber noch ein Ottomane, groß genug dass ich mich während des Essens dort gegenüber von meiner Freundin hinsetzen und wir beide an ihrem Tisch essen konnten). Nach unseren Wünschen wurde aus den Sitzen dann irgendwann ein echtes Bett gemacht, nicht ohne mir vorher noch regelrecht den wirklich hochwertigen Eiswein ("der hat Ihnen doch so gut geschmeckt, hier, die Flasche können wir eh nicht aufbewahren") bis zum Abwinken nachzuschenken.

Einfach phantastisch.

Hat uns gekostet: 315.000 Meilen plus gut 1000 Euro Steuern+Gebühren. Ich habe damals mal 1ct/Meile ansetzt für das "Generieren" - ein Großteil ist über Kreditkartenzahlungen bei DELL, Amazon uvam. angefallen, d.h. hat mich gar nichts konkret gekostet, aber umgekehrt hätte ich ja mit anderen Kreditkarten (z.B. Payback) ja auch Profit aus diesen Umsätzen ziehen können. Also, 1ct/Meile, dann hat diese Reisebuchung also nur etwas mehr als 2.000 Euro pro Person für Hin- und Rückflug gekostet. Regulärer Preis für die beiden Tickets zusammen wären über 12.000 Euro gewesen, d.h. rund 7.000 Euro Ersparnis! 

Ist ein paar Jahre her, heute müsste man etwa 5% mehr Meilen und sicherlich 10-20% mehr Steuern&Gebühren kalkulieren. Aber auch dann: Das ist die Art von Erfolgsstory, mit der man rund um Meilen-Sammeln werben kann.

Wie realistisch ist das?

Die o.g. Buchung war nicht erfunden.

Aber sie ist so auch nicht reproduzierbar. Sondern es war eine Kombination aus Glück, Kompromissen und Status.

Glück: Anders als beim vollbezahlten Ticket kann man den Award nicht automatisch immer dann buchen, wenn ein Sitzplatz in der Maschine frei ist. Sondern Awards haben eine eigene sog. Buchungsklasse mit eigenen Kontingenten, die insbesondere in Richtung Asien oder Afrika sehr begrenzt sind. Wir hatten also Glück, dass unser damaliger Reisezeitraum zufällig in der Nähe von freien Award-Sitzplätzen lag. Kompromisse: Trotzdem mussten wir die ganze Reise eine Woche versetzt buchen gegenüber unserer eigentlichen Planung, und auch ein paar Tage länger (sonst hätte es keinen Rückflug gegeben) als eigentlich gewollt. Status: Und auch dann hätte ein "normaler" Miles&More-Kunde vermutlich keinen Award buchen können, aber ich hatte zu dem Zeitpunkt den (immerhin nicht ganz wertlosen) Senator-Status inne, der dürfte geholfen haben. Ach ja, und in der Meilenberechnung eingeflossen ist der sog. Companion Award (Regelung für Senatoren: Auf Flügen der Lufthansa-Group fliegt die Begleitperson für die Hälfte der Meilen, d.h. für mich habe ich 210tsd, für meine Freundin 105tsd Meilen eingelöst).

Mit anderen Worten: Ein normaler Miles&More-Kunde hätte diesen Flug gar nicht buchen können, und falls doch, hätte er mehr bezahlt als wir. Und wäre der Reisezeitraum für uns wichtig gewesen (z.B. Anreise für eine Kreuzfahrt oder so, oder einfach Optimierung von Feiertagen usw., um mit wenig Urlaubstagen beim Arbeitgeber hinzukommen), hätten auch wir nichts bekommen. 

Nicht ganz so unseriös, aber auch nicht weniger praxisfremd sind die Vergleiche, die in Blogs gemacht werden. Vor ein paar Tagen gab es ein Angebot, 275.000 Meiles&More-Meilen (als Beigabe für die Mitgliedschaft in irgend einem Club) für knapp 5.000 Euro zu kaufen, und es wurde vorgerechnet, dass man damit z.B. 5x BusinessClass in die USA und zurück fliegen könnte. Aber nicht, wann und wohin man will, sondern im Rahmen der Meilenschnäppchen, konkret bei diesem Beispiel wären es vier Ziele in den USA und ein Reisezeitraum von Mitte Februar bis Ende März.

Wer privat und beruflich flexibel ist ... Reisebloggende, Studierende, in den 2000ern hätte man noch "Webdesigner" dazugezählt ... für den ist das ein wirklich ordentliches Angebot (man käme mit Steuern und Gebühren auf rund 1500 Euro pro Reise). Wer aber nicht ausgerechnet Ende Februar nach New York will, sondern vielleicht im Mai nach Miami, dem bringt das Angebot gar nichts. Und der fährt mit der normalen Flugsuche (ohne Meilen) einfach besser.

Zumal: Sonderangebote (und die Meilenschnäppchen sind nichts anderes) gibt es auch ohne Meilen. Konkret das Beispiel New York bin ich schon zweimal in den letzten Jahren für etwas mehr als 1.000 Euro (Business hin+zurück) als ganz normales (Sonderangebots)-Kaufticket geflogen, und auch in Miami, Toronto, Buenos Aires und Melbourne war ich schon zu Preisen, wie man sie auch mit einem Meilenschnäppchen nicht mal annähernd hinbekommen hätte. Wer günstig Reisen will, der soll einfach nur nach Sonderangeboten Ausschau halten. (Fairerweise: Ein Award-Ticket ist aber in der Regel kostenlos stornierbar, die Sonderangebote sind es meist nicht).

Ein aktuelles Beispiel

Um mal zum Vergleich eine aktuelle Buchung zu nehmen: Wir wollen (zu dritt) nächstes Jahr nach Afrika. Hinflug Kapstadt, Rückflug Johannesburg, beim Buchungszeitraum sind wir halbwegs flexibel. 

Auf dem freien Markt (also ohne Meilen gebucht) fangen die ersten BusinessClass-Angebote bei etwa 5.000 Euro an, eine der teuersten (aber zufällig für uns von den Terminen und Flugzeiten perfekte) Verbindung ist Condor mit rund 9.500 Euro (3 Personen hin und zurück in BusinessClass). Zum Vergleich: Laut der Flugprämien-Tabelle von Miles&More braucht man "von Europa / nach Südl. Afrika" 112.000 Meilen pro Person, also 336.000 Meilen (plus Steuern und Gebühren je nach gewählter Verbindung).  

Klingt in der Theorie gut (und wäre dann ja ein Gegenwert von etwa 2ct/Meile, was ebenfalls gut klingt). In der Praxis:

  • Award-Flüge in BusinessClass: Gar keine im Zeitraum +-6 Wochen rund um unseren Wunsch-Zeitraum buchbar
  • Award-Flüge in Economy: Gäbe es, sind aber uninteressant aufgrund der Steuern&Gebühren (zu denen komme ich später noch)
  • Cash&Miles-Angebot von Lufthansa: Man kann einen normal gebuchten Flug ganz oder teilweise mit Meilen bezahlen (hat dann aber einen recht schlechten Kurs von 0,5 Cent/Meile). Das Angebot gibt's natürlich nicht für jeden Flug, eine geeignete Verbindung kostet 15.000 Euro, oder eben 3 Millionen Meilen (wenn ich so viele hätte). Wenn ich die o.g. 336.000 Meilen einlösen wollte (also das, was in Werbung/Preisliste versprochen wird), bleiben 13.232 Euro Restzahlung übrig..

Durch den Einsatz von Meilen müsste man also ein paar Tausend Euro mehr bezahlen, oder anders gesagt: Miles&More-Meilen sind an dieser Stelle absolut wertlos

Ganz aussichtslos ist es nicht; wer ohne familiäre / berufliche / terminliche Bindung des Reisens wegen reist, hätte durchaus was buchen können: Qatar, eine Airline im Netzwerk "oneworld", hat auf dem Hinweg immerhin zwei Award-Plätze frei, die man in einem oneworld-Meilenprogramm hätte buchen können, in meinem Fall mit "Avios", das ist die Währung im Programm "British Airways Executive Club". Und den Rückweg findet man sogar bei StarAlliance mit EgyptAir - warum Miles&More mir den nicht anbieten will, wissen die wahrscheinlich nicht mal selbst. Aber mit "Miles+Bonus"-Meilen, so heißt das Programm bei der griechischen Aegean Airlines, wäre es für mich buchbar gewesen.

Aber auch hier: Das betrifft dann nicht Jedermann - dass ich aus früheren Zeiten sowohl Meilen bei M+B, also auch Avios bei BAEC übrig habe, ist sicherlich nicht der Standard (und zwischen den Programmen hin- und herüberweisen geht auch nicht). Das passt auch nicht für jeden Reisezweck (die o.g. Verbindung ist dann schon wieder mit zeitlichen Kompromissen, abgesehen von den zusätzlichen Umstiegen über Doha bzw. Kairo). Und günstiger wird es bei uns auch nicht: Die beiden Sitzplätze mit Meilen haben einen guten Kurs, aber das notwendige Kaufticket für die dritte Person ist aufgrund der unterschiedlichen Allianzen kein günstiger Hin- und Rückflug, sondern zwei teure Einzelflüge und macht den Gesamtpreis kaputt.

Long story short: Wer mit Famile und einem auch nur groben Terminwunsch nach Afrika will, kann mit Meilen genau gar nichts anfangen.

Gebucht haben wir am Ende übrigens das, was fast jeder Touri gemacht hätte: Den günstigsten und zugleich von den Flugzeiten/-strecken perfekten Flug, Condor Economy für 2.400 Euro. Die Aufpreise für PremiumEco (doppelter Flugpreis) oder Business (rund 7.000 Euro Mehrpreis) waren uns den Pseudo-Luxus nicht wert, und die günstigerne Verbindungen waren am Ende auch unkomfortabel (was bringt einem eine günstige BusinessClass-Langstrecke nach Johannesburg, wenn man da dann mehrere Stunden am Flughafen dumm rumsitzt und auf den Weiterflug nach Kapstadt wartet). Statt dessen habe ich uns lieber (für einen Bruchteil des gesparten Geldes) eines der eigentlich teuersten Hotels Kapstadts für die erste Nacht gebucht, da können wir uns dann die Reisequalen wegmassieren lassen :-)

Wofür sonst die Meilen aufwenden?

Okay, als Familie in Business nach Afrika fliegen geht schon mal nicht. Ohne Status nach Asien auch nicht. (Tatsächlich sind diese beiden Richtungen wirklich für Award-Tickets eher ungeeignet).

Was gibt's denn sonst noch?

Verfügbarkeiten auf der Economy-Langstrecke gibt es ab und zu. Aber da stören dann die Steuern&Gebühren. Das waren früher mal Steuern&Gebühren (also für sowas wie Flughafen, Sicherheitskontrolle). Dann waren irgendwann die Ölpreise fernab von gut und böse, und die Airlines haben einen "Treibstoffzuschlag" als Gebühr eingeführt, um die Mehrkosten auf den Kunden aufzudrücken. Dann sind die Ölpreise wieder gefallen, und die Airlines haben den Treibstoffzuschlag noch ein bisschen beibehalten und dann in eine reine Phantasiegebühr umbenannt (bei Lufthansa z.B. einfach "nationaler" bzw. "internationaler Zuschlag"), um die Mehreinnahmen nicht wieder aufgeben zu müssen. Heute machen die Steuern&Gebühren bei günstigen Tickets einen nicht unerheblichen Teil des Gesamtpreises aus.

Gleichzeitig sind Award-Tickets die eher teuerste "Vergleichskategorie", weil sie meistens kostenlos stornierbar und in der Theorie (wenn man Verfügbarkeiten findet) auch umbuchbar sind. Und da passiert es dann regelmäßig, dass man günstige (nicht stornierbare) Kauf-Tickets findet, die vom Gesamtpreis günstiger sind als die Steuern&Gebühren eines "Award-Fluges".

Auf der Economy Kurz- und Mittelstrecke sieht das ähnlich aus. "Mal eben zum Pizza-Essen nach Mailand" ist auf Meilen möglich, aber nur sinnvoll, wenn man sehr kurzfristig und/oder einen bestimmten Flug braucht (und für den Zeitraum kein Sonderangebots-Ticket mehr findet). Ansonsten zahlt man an Steuern&Gebühren mehr, als die Mitreisenden für den ganzen Flugpreis.

Auf der Business Kurzstrecke wird das Einlöseverhältnis besser. Business-Tickets gibt's eben deutlich seltener zum Schnäppchenpreis. Aber die wenigsten BusinessClass-Produkte sind wirklich so gut, als dass man sein jahrelang angespartes Meilenkonto dafür verprassen sollte, zum Pizza-Essen nach Mailand weiter vorne zu sitzen - das ist (ähnlich wie die kurzfristig gebuchten Economy-Reisen) nichts für den 08/15-Urlaubsbucher, sondern hier kann man mit den Meilen vor allen Dingen dann sparen, wenn man sonst "koste es, was es wolle" reisen müsste, z.B. aus beruflichen Gründen. Erst ab Business-Mittelstrecke wird die Flugzeit dann langsam so interessant, dass man gucken kann, ob man nicht vielleicht ein gutes Angebot findet. (Aber auch hier: Wer dann bzgl. Flugzeiten/-tage etwas flexibel ist, findet ganz oft irgendwelche Economy-Angebote, die so günstig sind dass die Business-Reise vom Tisch ist).

Der feuchte Traum vieler Reisenerds ist ein "Round the world"-Ticket ("RTW") in Business oder gar FirstClass. Ein RTW-Ticket ist ein Rundflug einmal um die Erde mit verschiedenen Stopps als Weltreise, also man startet in Europa, fliegt z.B. in Richtung Osten bis nach z.B. Asien, ein paar Wochen später weiter nach Australien, von dort irgendwann weiter nach Nord- oder Südamerika, und wenn die Weltreise zuende ist, geht es wieder zurück nach Europa. So ein RTW-Ticket hat ein paar tarifliche Besonderheiten: Zum einen ist das Routing eher ungewöhnlich (es ist kein Hin- und Rückflug, sondern geht ja immer nur in eine Richtung - wird aber trotzdem nicht als teurer OneWay-Tarif berechnet). Die Airlines sind innerhalb der Allianz bunt gemischt (also ganz vereinfacht gesagt ist das am Ende keine Reise mit Lufthansa a o.ä., sondern mit der halben StarAlliance). Das ganze muss auch nicht nahtlos aneinander kleben, also: Man kann z.B. Westküste Kanada landen, schlägt sich dann auf dem Landweg als Teil seiner Weltreise bis Ostküste USA durch und fliegt ab da weiter (was man bei "normalen" Flügen sehr oft nicht so flexibel eingebucht bekommt, ohne dass das Ticket danach unbezahlbar wird).

Aber: Ein weiterer Vorteil des RTW-Tickets ist, dass man es nach Reiseantritt sehr günstig jederzeit (innerhalb bestimmter Zonen) ändern kann. Vielleicht gefällt Dir Asien so gut, dass Du den Aufenthalt zwei Wochen verlängern willst und die anderen Flüge nach hinten buchen? Oder Du triffst in Kanada coole Leute, ziehst mit denen weiter durch Kanada (statt wie geplant durch die USA) und willst Deine Weiterreise nach Europa später lieber von Montreal statt von New York starten. Dann bieten die meisten RTW-Tickets Umbuchungsoptionen, mit wenig Gebühren das Ticket an seinen Reiseverlauf zu planen. Und das ist der Haken, warum es sehr oft nicht sinnvoll ist, ein RTW-Ticket als Award (also "auf Meilen") zu kaufen. Denn: Auch RTW-Awardtickets kennen derartige Umbuchungsmöglichkeiten, aber eben (wie immer in der Airline-Ticketing-Logik) nur innerhalb der Buchungsklassen, d.h. innerhalb der Verfügbarkeiten. Und die Verfügbarkeiten, das hatte ich ja weiter oben schon beschrieben, sind eben nicht immer gleich gut. Sprich: Wenn die Verfügbarkeiten bei Award-Tickets von Europa nach Asien bei normalen Buchungen schlecht sind, dann sind sie bei RTW-Awards genauso schlecht. Und wenn Du dann Deinen Aufenthalt z.B. in der Türkei verlängern oder verkürzen möchtest (und den Weiterflug in Richtung Asien umbuchen), dann lässt der RTW-Award das von den Tarifbedingungen vielleicht zu, Du findest aber keinen freien alternativen Flug. Ein Mitreisender mit einem RTW-Kaufticket hingegen hat dann gleiche Tarifbedingungen (kann also auch umbuchen), aber er hat Zugriff auf die Bezahlt-Buchungsklassen, d.h. viel mehr freie Sitzplätze/Flüge zur Auswahl.

Die letzte Möglichkeit, Meilen sinnlos zu verprassen, ist der Worldshop. Dort gibt es Koffer, Kulturbeutel oder Powerbanks, die dort recht teuer angeboten werden (und dann klingt es günstig, wenn man sie statt mit Euro mit Meilen kaufen kann). Hier sind sich eigentlich alle Meilen-Profis einig: Das ist der schlechteste Weg, die Meilen auszugeben (denn wenn man mal guckt, was die dargebotenen Produkte am freien Markt nur kosten, ist die Einlösequote wirklich schlecht). Aber, das muss man fairerweise dazu sagen: Wenn Du einen überschaubaren Meilen-Kontostand hast, auch wenig Hoffnung, dass der weiter wächst, vielleicht sogar Meilen hat, die bald verfallen - ja, warum soll man die denn nicht (wenn für Dich das Preis-/Leistungsverhältnis passt) für einen Koffer o.ä. ausgeben? Das ist immer noch besser, als sie verfallen zu lassen oder darauf zu hoffen, irgendwann genug Meilen für eine Flugprämie zu haben (bei denen dann die Steuern&Gebühren höher sind als der Wert des Fluges).

Wofür kann man denn die Meilen jetzt aufwenden?

Wenn man all das o.g. abzieht, dann bleibt eigentlich nur noch eines übrig:

Gute Verfügbarkeiten gibt es meistens in Richtung Nordamerika. Und gerade USA (i.d.R. Ostküste) gibt es auch immer mal wieder die (oben schon mal angedeuteten) Meilenschnäppchen. Und für einen Flug in die USA ist die Business-Langstrecke auch durchaus ein sehr angenehmes Reisemittel. Daher klare Empfehlung: Wenn Du für eine ohnehin angedachte Reise dorthin eine Verfügbarkeit findest, oder wirklich ein Meilenschnäppchen vom Termin so passt, dass man sich zu einem spontanen Urlaub dorthin inspirieren lässt: Buch es! Es wäre dann m.E. dumm, das dann nicht wahrzunehmen.

Und wenn Du noch gar kein üppig gefülltes Meilenkonto hast: Lass es. Jetzt erst noch bewusst mit Meilensammeln anzufangen (in der Hoffnung, damit irgendwann in ein paar Jahren günstig Premium-Flüge zu buchen) ist nicht sinnvoll. Da bringen dann auch "Startangebote" (z.B. Miles&More-Kreditkarte bestellen und x0.000 Start-Meilen als Prämie) nichts.

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