AIDA - Kundenservice brauchen wir nicht

Kreuzfahrten. Die einen schwören drauf und zählen nicht einfach nur die Länder auf, die sie so schon bereist haben (teilweise für einen zweistündigen Landgang, um pünktlich wieder zum Mittagsbuffet auf dem Schiff zu sein). Nein, sie wissen von jedem Land, mit welchem Schiff in welcher Kabine auf welcher Route sie dort waren. Für die anderen ist es der absolute Horror, bierbäuchige Touristen, die in Adiletten bei Ballermann-Musik oben ohne vom Pool-Deck zum Buffet laufen. Oder betuchte und betagte Damen und Herren, die im Abendkleid beim Prosecco zugucken, wie die Abgase aus dem Schornstein langsam über Venedig niederregnen.

Tatsächlich, mit damals einjährigem Kind haben unsere zwei AIDA-Fahrten wirklich Spaß gemacht. Individualurlaub (vom Schiff runter, rein in den Mietwagen) verbunden mit Luxushotel, ganz verschiedene Inseln kennenlernen ohne wie bei einer Rundreise jeden Morgen das Gepäck ins Auto zu schleppen, unglaublich viel Abwechslung in der (Art der) Gastronomie und alles abends auch mit Babyphone zu zweit nutzbar.

Dann folgte eine lange Pause (auch natürlich aus Umwelt-Bedenken, dann zusätzlich aus Corona-Gründen), aber für März haben wir uns dann gerne an eine bestehende Familien-Reise angeschlossen. Die Vorfreude war groß. 

Part 1: Schiffswechsel und Downgrade

Gebucht war AIDAprima. Und dort eine Verandakabine. Der Unterschied zur Balkonkabine ist die Größe desselbigen, Veranda heißt das Ding, weil es größer ist.

Um Weihnachten rum dann eine Mail: Die Reise wird statt dessen mit dem neusten Schiff "AIDAcosma" stattfinden. Hat uns tatsächlich sehr gefreut, einerseits aus Umweltgründen (Erdgas- statt Schwerölantrieb) und andererseits ein großes neues Schiff, aber Corona-bedingt mit geringer Auslastung .. klingt super.

Kurz vor der Reise dann die Kabinenzuteilung. Balkonkabine, Deck 10. Man freut sich auf den Urlaub, guckt sich den Deckplan an, und direkt die erste kleine Enttäuschung: Es gäbe Balkonkabinen mit extra viel Platz, unsere hat dafür einen begehbaren (=extra großen) Kleiderschrank. Es gibt sicherlich vor allem Paare, die sich darüber freuen, aber mit drei Personen wäre mehr Wohnraum praktischer gewesen. Ach ja, und es gibt (größere) Verandakabinen ... hatten wir die nicht eigentlich gebucht? Meine Frau schreibt eine Mail, keine Antwort.

Also irgendwann später kurz angerufen, um das zu klären ... ich habe es mehrmals zu verschiedenen Zeiten probiert, jeweils nach fast einer Stunde Warteschleife aufgegeben. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ich meine Kundennummer eingebe oder nicht (d.h. auch eine Wiedererkennung, dass ich schon mal erfolglos eine Stunde gewartet habe, erfolgt nicht), das ist ziemlich nervig. Auf der Webseite kann man einen Rückruf anfordern ... oder doch nicht, aufgrund des hohen Anrufaufkommens ist diese Funktion gesperrt. Ich schreibe über das Kontaktformular eine Nachricht und erhalte nach akzeptabler Zeit folgende Rückmeldung:

"Veranda- und Balkonkabinen sind bei uns die gleiche Kategorie.
Sie haben nur von Schiff zu Schiff einen anderen Namen"

Also habe ich die gleiche Kabine wie ich sie gebucht habe, sie heißt nur anders. Das verstehe ich. Hatte ich also die Aussage "Verandakabinen haben einen größeren Balkon" falsch im Kopf? Schnell nachgeguckt auf der AIDA-Webseite:

  • Ursprünglich gebucht: AIDAprima Verandakabine: 21-27 m2 (bis zu 4 Personen), inkl. Veranda (4-13 m2)
  • Jetzt bekommen: AIDAcosma Balkonkabine: 17 – 21,5 m2 (bis zu 4 Personen) mit Balkon (ca. 3 – 4 m2)

Also selbst wenn (was nicht der Fall war) wir die größte Balkonkabine auf dem ganzen Schiff zugewiesen bekommen hätten, wäre sie an der Untergrenze dessen, was wir gebucht haben. Das ist ja nicht das gleiche nur unter anderem Namen, das ist eine kleinere Kabine. Und zum Vergleich:

  • Ursprünglich gebucht: AIDAprima Verandakabine: 21-27 m2 (bis zu 4 Personen), inkl. Veranda (4-13 m2)
  • Wäre buchbar: AIDAcosma Verandakabine Komfort: 22 – 28 m2 (bis zu 4 Personen) mit Veranda (4,5 – 5,5 m2)

Es gäbe einen von der Größe passenden Kabinentyp. Nur eben mit dem Zusatz "Komfort", wobei ich nicht rausfinden konnte, was das Mehr an Komfort sein soll (der einzige von mir gefundene Hinweis lautet, dass die Kabine mehr Komfort durch mehr Platz bietet – ach nein).

Wollen die mich verar....n?

Also nochmal angerufen ... 45 Minuten Warteschlange, danach keine Lust mehr. Und wieder Kontaktformular. Mit dem Hinweis darauf, dass ich einen Rückruf erwarte statt nur einer Mail, in der man mich für dumm verkaufen will.

Und am nächsten Tag nochmal angerufen (dieses Mal nebenbei, während ich selbst Support-Anrufe angenommen habe). Irgendwann nach 1:20 Std. ging auch tatsächlich jemand ran. Ich klage mein Leid, die Dame kann das nachvollziehen und schickt mich in die Warteschleife, sie müsse das mit ihrem Vorgesetzten klären.

Währenddessen klingelt es auf dem Handy, Anruf auf mein Kontaktformular hin. Die wichtigsten Aussagen sinngemäß:

Sie verstehen das Problem nicht: Sie haben die gleiche Kabine erhalten, die Sie gebucht haben. Die heißt nur anders. Dass die unterschiedlich groß sind, liegt daran, dass das ja auch ein viel größeres Schiff ist, da sind die Kabinen schon mal anders benannt und anders groß, aber sind trotzdem gleich.

(..)

Es gibt auf der AIDAcosma keine Verandakabinen, d.h. dahin können wir Sie nicht umbuchen. Es gibt nur eine VerandaKOMFORT-Kabine. Das ist eine völlig andere Kabine, die hat mit einer Balkon-/Verandakabine gar nichts zu tun. 

Und als ich dann das Wort "Reisepreisminderung" in den Mund genommen habe, kam sie zu dem Schluss, dass wir nicht übereinkommen. Und dass sie das ganze jetzt an den Kundenservice weitergibt. (Ich dachte eigentlich, da wäre ich gelandet? Jedenfalls, es klang eher wie eine Drohung mir gegenüber).

Nun gut, passend zum Ende des Gespräches kam auch die vorangegangene Mitarbeiterin wieder zu mir und entschuldigt sich, dass es so lange gedauert hat. Was eigentlich? Die hat ja wohl kaum 20 Minuten mit ihrem Vorgesetzten gesprochen (so schlecht können die doch alle nicht bezahlt sein, dass sich das lohnt). Wahrscheinlich hat sie einen anderen Kunden in der Zeit abgefertigt oder ihre vorgeschriebene Pause gemacht oder so.

Jedenfalls: Nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten (ah ja natürlich) können sie mir ausnahmsweise (natürlich nur ausnahmsweise) entgegenkommen. Und bot mir einen fairen Aufpreis für eine Umbuchung auf Veranda komfort an. Wahrscheinlich hat sie mich damit auch noch über's Ohr gehauen (und der Aufpreis entspricht der normalen Tarifdifferenz zwischen Balkon und VerandaKomfort), aber ich war zufrieden.

Als Konsequenz aus der Umbuchung war bis einen Tag vor der Reise unsere Buchung dann aus dem "MyAIDA-Portal" verschwunden. Das Portal braucht man aber, um Passdaten einzutragen, Zusatzsachen (Babyphone, Saunabereich, CheckIn-Zeitfenster) zu buchen bzw. zu konfigurieren. Zum Glück hatte ich das artig vorher schon alles gemacht, ansonsten hätte es mich wieder zwei Stunden Hotline gekostet...

Part 2: Umbuchung wegen Corona

Achtzehn Stunden bevor es losgehen sollte, kam der obligatorische Antigen-Schnelltest - und ich war positiv. Urlaub gestorben.

Nachdem erstmal die mitreisende übrige Familie (der ursprüngliche Grund unserer Buchung) informiert war, wurde überlegt. Erste Schnappsidee: Frau und Kind wollten den Urlaub auch alleine antreten (es waren ja noch andere Familienmitglieder auf der gleichen Reise gebucht). Morgens noch einen Selbsttest vor Abfahrt, im Zug dann sicherheitshalber Abstand halten und beim CheckIn an Bord wird ohnehin ein PCR-Test gemacht - sollte der positiv sein, wären wir wenigstens nicht zu dritt hilfslos in Hamburg gestrandet, sondern ich hätte sie dann von Köln aus mit dem Auto abholen können. 

Also bei AIDA angerufen. Wieder anderthalb Stunden Wartezeit. 90 Minuten monotone Wartemusik. Weil AIDA sich 3.50 Euro für ein paar mehr Callcenter-Agents spart. Toller Servicegedanke.

Endlich jemanden erreicht: Die Reise war für uns alle drei gestorben aufgrund Kontakt/Ansteckungsgefahr - schade, aber aus AIDA-Sicht absolut verständlich und sinnvoll. (Und am Ende des Tages: Wären bei meiner Frau z.B. Symptome während der Reise aufgetreten und sie hätte die Kreuzfahrt in Kabinen-Quarantäne weitermachen müssen, wäre das noch mehr versauter Urlaub).

Aber wie geht es mit dem Reisepreis weiter? Wir können entweder innerhalb von drei Tagen ("ab jetzt", also ab dem Zeitpunkt dieses Telefonates) umbuchen. Oder wir machen nichts, dann bekommen wir 20% des Reisepreises wieder (80% Stornogebühr) und müssen den Rest mit unserer Reiserücktrittskostenversicherung klären. Umbuchen geht ausschließlich telefonisch ... aber sie hat einen guten Tipp:

Wir sind ja rund um die Uhr erreichbar. Manche Leute stehen früher auf, manche gehen später ins Bett.
Stellen Sie sich doch einfach einen Wecker eine Stunde bevor Sie sowieso aufstehen wollen und rufen dann bei uns an, vielleicht ist dann weniger los.

Ernsthaft? Ja, denn jeder andere Buchungsweg wäre zu riskant:

Sie haben den "Vario-Tarif", das sind teilweise minutenaktuelle Angebote.
Stellen Sie sich vor, Sie buchen das per E-Mail um und wir bearbeiten die Mail erst zwei Stunden später, dann ist diese Reise vielleicht schon nicht mehr verfügbar.

Aber kann es nicht bei anderthalb Stunden Wartezeit auch passieren, dass die Reise weg ist, bis wir durchgekommen sind? Auch dazu gab es eine Handlungsempfehlung:

Sie können ja die Wartezeit nutzen und sich unser Angebot in Ruhe angucken und vielleicht finden Sie da eine schöne Reise, die man als Alternative sonst nehmen könnte.

Grandios. Ich war kurz geneigt, mir das Geld einfach von meiner Versicherung (Teil der American Express Platinum Business, die ich an dieser Stelle schon mal für ihre Versicherungen gelobt habe) zurückzuholen und komplett neu zu buchen. Aber damit würde ich AIDA für ihren grauenhaften Kundenservice auch noch belohnen. Also innerhalb der drei Tage in den sauren Apfel gebissen und erneut angerufen, Wartezeit dieses Mal nur 45 Minuten (denn: Ich hatte keine Frage zu einer bestehenden Buchung, sondern wollte ja eine neue Reise buchen. Und als Neukunde wird man bevorzugt).

Der Herr war nett, er fand meine Reise auch, nur sollte sie in seinem PC 10% teurer sein als auf der Webseite. Warum?

Sie haben den VARIO-Tarif gebucht, das ist unser günstigster Tarif.
Und den können wir nur auf den günstigsten Tarif umbuchen.
Der VARIO-Tarif auf der neuen Reise ist zwar der günstigste Tarif, aber nicht der mit dem günstigsten Preis.

Das kam sogar ihm komisch vor. Und so bot er mir an: Warteschleife, er kläre das mit einem Vorgesetzten. Wieder 20 Minuten(!), damit waren die 10 Stunden Wartemusik innerhalb einer Woche dann jetzt auch voll. Als er wiederkam, war ich mir nicht sicher, ob er nebenbei (wie schon beim letzten Anruf mein Verdacht) noch einen anderen Kunden abgefertigt hatte und man Kunden mit Extrawurst-Wünschen einfach aus Prinzip länger warten lässt. Oder ob er vielleicht wirklich so lange selbst in einer Warteschlange verbracht hat, ehe er seinen Vorgesetzten erreicht hat (das würde ein noch viel schlimmeres Bild auf AIDA werfen als die Tatsache, dass man einfach nervige Kunden aus Prinzip verarscht).

Wie auch immer: Die Reise wurde wie gewünscht umgebucht.

Im Endergebnis (und das wird denke ich auch für unsere Reise gelten) alles gut gelaufen. Und doch bleibt die ganze Aktion nicht als kulante Umbuchung im Gedächtnis, sondern als 10 Stunden Wartemusik und unsinnige Regeln, die man aufwendig wegdiskutieren muss. Schade eigentlich.

Wie man die Vorfreude auf guten Urlaub durch schlechten Service mindert

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