Laden in Köln, Teil 4: Die neuen Parkgebühren

Ich wohne gerne in Köln. Und ich bin auch froh, dass ich hier mein E-Auto laden kann, das klappt erstaunlich gut. Aber von einer Förderung der E-Mobilität, wie sie politisch eigentlich ja gewollt ist, ist das, was die Stadt Köln abliefert, weit entfernt. Und ich bin froh um jeden Nachbarn, der sich im Moment kein E-Auto zulegt, denn nur deshalb klappt das noch erstaunlich gut.

Heute: Parkgebühren und Anforderungstasten-Unsinn

Es ist erst ein paar Tage her, dass ich schrieb:

Und es klappt auch erstaunlich gut, Kunden- oder private Termine in der Stadt mit einem Ladestopp (und damit einem kostenlosen Parkplatz) zu verbinden. 

und schon kurz darauf weist mich jemand darauf hin, dass damit bald vorbei sein soll: "Ärgernis in Köln Für das E-Laden werden jetzt auch Parkgebühren fällig" titelt die Kölnische Rundschau und berichtet, dass in Köln zukünftig Parkgebühren auch beim Laden bezahlt werden müssen. Der Autor fasst das zusammen:

Mit diesem Konzept verabschiedet sich die Stadt also ein stückweit davon, Anreize zum Umstieg auf ein E-Auto zu schaffen. (..)
Summa summarum: So wird es nichts mit der Klimawende.

Dabei (auch wenn ich da nicht widersprechen will) ist das noch nicht das absurdeste an der ganzen Geschichte.

Zur Sache selbst: Die Parkgebühren

Als E-Auto-Fahrer geht keine Welt für mich unter. Ich freue mich über kostenlose Parkmöglichkeiten, aber wenn es keine gibt, dann gibt es keine. Im Gegenteil, ich nutze z.B. am Neumarkt lieber das kostenpflichtige Parkhaus der Kreissparkasse, als die möglichlichen Ladesäulen abzuklappern - ersteres ist zwar teurer, aber da drin finde ich garantiert einen Stellplatz und da drin gibt es mehr Ladesäulen, als die RheinEnergie in der ganzen Gegen verbaut hat, d.h. der Komfort gewinnt hier.

Und: Wer wie ich 100% auf öffentliches Laden angewiesen ist (weil zuhause baulich keine Wallbox möglich ist), wird ja ohnehin einen Anwohnerparkausweis haben (d.h. sein Heimatladen bleibt unverändert). 

Trotzdem: Wenn ich Leute zu E-Autos hin animieren möchte (oder gar: Die Anschaffung fördern), dann ist das der falsche Schritt. Und nebenbei ist es auch für Besucher (die das aus anderen Städten und Ländern anders gewohnt sind) mal wieder absolut touristen-unfreundlich. Zum Vergleich: Wir waren am Wochenende mit dem Skoda in Rotterdam und Den Haag. Da gibt's alle 30 Meter eine Ladesäule, ich halte da als Ausländer meine Ladekarte dran, zahle 29ct/kWh und brauche keinen Parkschein. Kommt jemand aus Rotterdam zukünftig nach Köln und findet tatsächlich eine Säule, muss er also erst eine Anforderungstaste am Parkscheinautomaten ziehen (bzw. Münzen einwerfen für mehr als eine Stunde), um dann an der Säule festzustellen, dass seine Karte nicht geht und er per QR-Code und Kreditkarteneingabe für teure 39ct/kWh laden muss und dann noch dazu auch noch Parkgebühren an die RheinEnergie, wenn er den ganzen Tag lädt. "Komfortabel" sieht wohl anders aus.

WTF: Anforderungstaste?

Die Parkgebühren bzw. die wegfallende Befreiung der E-Autos sind das eine.

Aber viel absurder finde ich folgende Aussage aus dem Artikel:

Die Verwaltung will es positiv formulieren: „Eine Stunde kostenloses Parken während des Ladevorgangs..."
Dass die Umsetzung so lange gedauert habe, liege daran, das eine technische Lösung fehlte.
Die gebe es nun mit einer „Anforderungstaste“.
Nun würden die entsprechenden Parkautomaten für 35 000 Euro nachgerüstet.

Eine Stunde kostenlos, und dafür wird eine Anforderungstaste nachgerüstet. Meine Vermutung ist: Wer immer das geplant hat, hat überhaupt kein E-Auto. Oder pendelt zwischen heimischer Wallbox und Lademöglichkeit beim Arbeitgeber hin und her. Aber hat offentlichtlich genau gar keine Ahnung von Laden im öffentlichen Raum.

Was ist der Sinn dieser "Anforderungstaste"? Welchen Nutzen macht "eine Stunde gratis Parken für E-Autos?"

Mir fallen zwei mögliche Szenarien ein:

Rabatt auf die erste Stunde

Ich will 2-3 Stunden irgendwo bleiben und kann mit der Anforderungstaste die erste Stunde rabattieren. Okay, klingt gut. 

Jetzt mal als Bürger (E-Auto ausgeblendet) gedacht: Laut Artikel ist der entsprechende Ratsbeschluss von 2019. Das heißt, bereits vor drei Jahren stand das Thema "E-Auto-Parkschmarotzer" auf der Tagesordnung. Und bereits damals müssen die zu erwartenden Parkgebühren (um nichts anderes geht's ja vermutlich) lukrativ genug gewesen sein, dass man sich gedacht hat "Lass doch die anderen Städte die E-Autos fördern, wir schwimmen gegen den Strom".

Und trotzdem hat man sich dann drei Jahre lang diese sprudelnde Einnahmequelle der E-Auto-Parkgebühren entgehen lassen und gibt jetzt nochmal 35.000 Euro aus für einen Rabatt? Klingt irgendwie unsinnig.

Kostenloses Kurzparken

Oder kommt die Anforderungstaste zum Einsatz, wenn meine voraussichtliche Parkzeit unter einer Stunde beträgt (und ich so ein Gratis-Ticket ziehen kann)? Okay, dann wäre der Anwendungszweck also jeder E-Auto-Fahrer, der für sagen wir mal 30-45 Minuten irgendwas erledigen möchte.

Gucken wir doch mal, wie viel Strom in 30-45 Minuten in so ein Auto reingehen:

  • die Königsklasse sind High Power Charger (HPC) mit Ladeleistungen von mehr als 100 KW, teilweise bis zu 350KW. Die findet man an Autobahnrastplätzen und da kann man dann in einer halben Stunde sein Auto wieder "voll" abstöpseln ("voll" heißt in dem Fall 80%, denn danach kriecht die Ladeleistung in den Keller, da lohnt sich das Warten nicht mehr). HPC gibt es tatsächlich schon in einigen Großstädten, aber natürlich nicht in Köln. Immerhin: Aral pulse plant m.W. zwei Standorte, einmal am Kölner Verteilerkreis (Autobahnkreuz Köln Süd) und einmal rechtsrheinisch in der Nähe vom TÜV Rheinland (östliche Zubringerstraße/Autobahnkreuz Gremberg), aber das ist noch Zukunftsmusik.
  • Innerstädtisch auch von der RheinEnergie angeboten sind Schnellladesäulen mit 50KW DC. Da kann man in 30-45 Minuten also 25-37 kWh, also rund 100-200 km Reichweite laden. Das macht absolut Sinn, an so einem Ding für eine 30minütigen Einkaufs-Stop zu laden. Aber: Viel länger als eine Stunde sollte da auch niemand stehen (auch nicht mit Parkschein), nach spätestens anderthalb Stunden ist das größte Auto voll. (Das sieht die RheinEnergie genauso, weshalb an DC-Ladern auch rund um die Uhr nach einer Stunde eine Blockiergebühr anfällt). Und für diesen Anwendungszweck braucht man keine Anforderungstaste, dafür hat der liebe Gott die Parkscheibe erfunden!
  • An ALDI- und anderen Filialen findet man auch Semi-Schnelllader mit 20KW DC. Bei 30-45 Minuten sind das also 10-15 kWh, also 50-75 km Reichweite. Das ist für meinen Geschmack auch die Untergrenze, wo es sich lohnt, ein Kabel für anzustecken.

Und ganz am Ende der Nahrungskette finden wir dann:

  • Die innerstädtisch üblichen 22KW AC-Ladesäulen, die man für's Ladeparken nutzt. Die 22KW sind ein Trugschluss, beim Laden mit Wechselstrom (AC) können die wenigsten Fahrzeugmodelle überhaupt so schnell laden, der übliche Vollstromer zieht nur 11KW (PlugIn-Hybride teilweise noch viel weniger). Wenn ich also irgendwo parke und weiß, dass ich nur 30-45 Minuten Aufenthalt habe, dann kann ich in der Zeit gerade mal 5-8 kWh ins Auto pumpen, was für 25-40 km Reichweite ausreicht. Und ganz ehrlich: Dafür packe ich doch nicht mein Ladekabel aus! So schlecht, dass ich auf derartiges kurzes Zwischenladen angewiesen bin, ist die Ladeinfrastruktur ja nicht mal in Köln.

Wenn ich Ladeparken mache, dann, weil ich mindestens rund zwei Stunden Aufenthalt plane. Bis ein leeres Auto voll ist (passiert schon mal, wenn man von einer Reise wiederkommt), würde es sogar fast sechs Stunden dauern, was aber (auch wegen den dann fälligen 12 Euro Blockiergebühr) die Ausnahme ist. Aber ab zwei Stunden etwa "lohnt es sich", da steigt man mit rund 100km mehr Reichweite ins Auto rein. Für 30 Minuten irgendwas einkaufen möchte ich gar keine AC-Ladesäule belegen, da hab ich nix von und die lasse ich dann lieber für die Leute frei, die sich etwas länger binden möchten.

Also mit anderen Worten: Ich sehe aus meiner Ladepraxis keinen ernsthaften Nutzen in diesem "einstündigen Gratisticket". 

Liebe Stadt Köln: Wenn Ihr beim nächsten Mal 35.000 Euro übrig habt, baut doch dafür einfach mehr Ladesäulen. Bei Inanspruchnahme von Bundesförderung hätte das Geld gereicht, um die Anzahl der Ladeports um immerhin rund 5% zu erhöhen, in meinem Städteranking hättet Ihr damit einen Platz gut machen und Bielefeld überholen können...

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